«Barty-Party»: Australien feiert Barty für Titel

«Barty-Party»: Australien feiert Barty für Titel

Im kurzen roten Sommerdress spritzt Ashleigh Barty mit Schampus. Ausgelassen lacht sie, nachdem sie all den Erwartungen gerecht geworden ist und Australien einen historischen Sport-Moment geschenkt hat.

Glückselig hockt sich die erste heimische Australian-Open-Siegerin seit 44 Jahren auf den grünen Rasen in einer der schönen Parkanlagen in Melbourne. Die glänzenden Henkel des «Daphne Akhurst Memorial Cup» hält sie in beiden Händen.

«Ein Champion des Volkes»

«Lasst die Barty-Party beginnen, alle sind eingeladen», schrieb die Zeitung «Sunday Age» nach dem starken 6:3, 7:6 (7:2) der 25-Jährigen aus dem Bundesstaat Queensland im Endspiel gegen die amerikanische Überraschungsfinalistin Danielle Collins. «Ein Champion des Volkes», titelte das Blatt zum ersten australischen Erfolg bei Herren und Damen, seit sich Chris O’Neil 1978 zur Siegerin gekürt hatte.

Premierminister Scott Morrison gratulierte «Unserer Königin unseres Courts» zu ihrer «puren Klasse» und meinte: «Australien dankt dir und deinem Team. Wie gut!» Das Turnier, das wegen des Theaters um die erzwungene Ausreise des serbischen Topstars Novak Djokovic vor dem Auftakt nichts mit dem gewohnten «Happy Slam» zu tun hatte, endet für die Gastgeber mit einem Tennis-Fest, zu dem auch die Fan-Lieblinge Nick Kyrgios und Thanasi Kokkinakis mit ihrem Coup im australischen Doppel-Finale beitrugen.

Trotz all der Erwartungen waren bei Barty nicht die Tränen gekullert, als sie mit einem glänzenden Vorhand-Passierball beim ersten Matchball ihre zwei fantastischen Melbourne-Wochen gekrönt hatte. Der ganze Anspannungsabfall entlud sich in einem lauten Schrei der sonst oft nüchtern jubelnden Weltranglisten-Ersten. «Es war ein bisschen surreal», sagte Barty. «Ich wusste nicht so richtig, was ich tun oder fühlen soll», meinte sie: «Dies ist einfach ein Traum von mir, der wahr wird. Ich bin so stolz, ein Aussie zu sein.»

Barty hält dem Druck im Finale stand

Barty war ohnehin schon beliebt in Australien, weil sie nahbar, bescheiden, bodenständig ist. Ihre Popularität dürfte nun noch wachsen. Es war keine Sensation, die sich am Samstagabend in der trotz der Ticketbeschränkungen sehr vollen Rod-Laver-Arena abspielte. Zum dritten Mal nacheinander hatte Barty das Jahr als Nummer eins der Tennis-Welt abgeschlossen. Sie war die Topgesetzte und ihre Gegnerin, die 28 Jahre alte Collins, eine Grand-Slam-Finaldebütantin.

Das Meisterstück war, dem Druck beim Heim-Grand-Slam standzuhalten. Wie schwer das sein kann, hatte auch Andy Murray erfahren, bis er 2013 die Sehnsucht der Briten nach einem Wimbledon-Sieg stillte. Down Under hat bei den Männern kein Australier seit Mark Edmondson 1976 gewonnen. Lleyton Hewitt erreichte 2005 das Finale.

«Ein wirklich, wirklich spezieller Moment. Als Australierin ein kleiner Teil der unglaublichen Tennis-Geschichte zu sein, ist wirklich, wirklich nett», sagte Barty, die erste heimische Finalistin seit 1980. «Du Barty-Legende», schrieb die «Herald Sun».

Aus den Händen ihres großen Vorbilds Evonne Goolagong Cawley hatte Barty die Trophäe in Empfang genommen. Australische Sport-Größen wie Tennis-Ikone Rod Laver und Cathy Freeman, 2000 in Sydney 400-Meter-Olympiasiegerin, wollten sich den Moment nicht entgehen lassen. Die Erste, die Barty umarmte und auf die Stirn küsste, war ihre gute Freundin Casey Dellacqua. Ihre alte Doppelpartnerin brachte sie einst zum Tennis zurück. 2014 war ihr alles zu viel geworden, sie flüchtete kurzzeitig zum Cricket. Erst 2016 kam sie zum Tennis zurück – eine richtige Entscheidung, wie auch dieser Triumph zeigte.

Nun fehlt nur noch der US-Open-Titel

Das Damen-Tennis hat eine würdige Nummer eins. Das hat Barty mit ihrem dritten Grand-Slam-Titel nach den French Open 2019 und Wimbledon im vergangenen Jahr untermauert. Zwar spielte sie an diesem Finaltag nicht ihr bestes Tennis. Im Stile eines Champions bewahrte sie die Ruhe, so aufgeregt die Zuschauer, etliche in T-Shirts mit ihrem Namen, auch waren. Selbst ein 1:5 überwand Barty im zweiten Satz. Ohne Satzverlust rauschte sie durchs Turnier.

Barty fehlen für ihr persönliches Grand-Slam-Quartett nur die US Open, für die ihr Trainer Craig Tyzzer wegen der leichten Bälle aber skeptisch ist. Neben Serena Williams ist sie die einzige aktive Spielerin, die Grand-Slam-Turniere auf allen drei unterschiedlichen Belägen gewonnen hat. Serena Williams, die körperlich für eine Teilnahme nicht weit genug war, und ihre Jagd nach ihrem 24. Titel waren in Melbourne kein Thema. Die Aufmerksamkeit gehörte Barty. «Niemand verdient es mehr», übermittelte Angelique Kerber, die 2016 in Australien triumphierte.

Von Kristina Puck, dpa