Beck freut sich über «das beste Freiwasserrennen»

Beck freut sich über «das beste Freiwasserrennen»

Leonie Beck wusste selbst, wie kurios ihre Worte in der Sommer-Hitze von Tokio klangen.

«Ich hatte richtig Spaß während des Rennens – wirklich!», sagte die Freiwasserschwimmerin und lachte bei weit über 30 Grad und brutaler Sonne im Odaiba Marine Park mit Blick auf die Hochhäuser der Olympia-Metropole. Dort in der Tokyo Bay hatte Beck gerade zehn extrem harte Kilometer in sehr warmem Wasser zurückgelegt und Bronze als Fünfte nur knapp verfehlt. Die Würzburgerin sah jedoch nicht wie eine Sportlerin aus, die etwas verpasst, sondern wie eine, die etwas erreicht hatte.

«Ich glaube, das war das beste Freiwasserrennen meiner bisherigen Karriere», sagte sie. «Ich hatte während des ganzen Rennens keinen einzigen negativen Gedanken.» Beck schlug am Mittwoch nach 1:59:35,1 Stunden an. Auf einen Podestplatz fehlten der 24-Jährigen 2,6 Sekunden. Gold ging an Ana Marcela Cunha aus Brasilien vor der niederländischen Rio-Olympiasiegerin Sharon van Rouwendaal und der Australierin Kareena Lee.

Herausfordernde Bedingungen

Bei sehr herausfordernden Bedingungen, die Mannschaftsarzt und Leonie Becks Vater Alexander Beck mit den Strapazen eines Marsches durch die Wüste verglichen hatte, hielt sich seine Tochter von Beginn an in der Spitzengruppe. «Schon immens» sei die Belastung, sagte auch Rekordweltmeister Thomas Lurz als Eurosport-Experte.

Um 5.30 Uhr Ortszeit, eine Stunde vor dem Rennstart, betrug die offizielle Wassertemperatur 29,3 Grad. Mit gestiegener Sonne schätzte Bundestrainer Bernd Berkhahn die Temperatur auf 30 Grad. An Land suchte nicht nur der Leistungssportdirektor des Deutschen Schwimm-Verbands, Lutz Buschkow, einen schattigen Platz.

«Ich mag warmes Wasser lieber als kaltes Wasser. Ich hatte keine Probleme mit der Hitze», sagte Beck und ergänzte noch zwei erstaunliche Sätze: «Ich habe eigentlich gar nicht geschwitzt während des Rennens. Ich fand es ziemlich angenehm.»

In Rio noch im Becken aktiv

Bei Olympia in Rio de Janeiro war Beck noch als Beckenschwimmerin angetreten. Über 800 Meter Freistil war sie im Vorlauf ausgeschieden. Ihr Brasilien-Erlebnis wurmt sie auch heute noch so, dass sie darauf bei ihrer Morgenroutine Rücksicht nimmt. Der Wecker vor ihrem Rennen klingelte um 2:43 Uhr Ortszeit. Die Zeit zum Aufwachen ende immer mit drei oder sieben, erklärte Beck – aber nie mit 47, «weil ich bin in Rio 8:47,47 geschwommen».

Da es im Becken nicht so lief wie gewünscht, stieg Beck aufs Freiwasser um. In der Disziplin, in der es neben Ausdauer und Tempo auch auf Taktik, Erfahrung sowie Durchsetzungsvermögen ankommt, hatte sie es anfangs schwer. «Sie hat eine enorme Entwicklung gemacht», sagte Berkhahn. «Jetzt mit dieser Platzierung hat sie nochmal gezeigt, dass sie international ganz vorne ist.»

Stolz auf den fünften Platz

Mit der Freude am Rennen und im Gefühl der eigenen guten Form hatte Beck nach etwa drei Vierteln der Strecke das Tempo verschärft und das Feld auseinandergerissen. Die routinierte Konkurrenz konterte jedoch stark. «Ein fünfter Platz bei Olympischen Spielen, darauf kann ich stolz sein», sagte Beck.

Nach dem Leistungsdruck bei den Spielen will sie sich bei den kommenden sportlichen Zielen noch nicht festlegen. «Man hat fünf Jahre gewartet auf diesen einen Moment, auf diese zwei Stunden. Das lasse ich jetzt erstmal sacken und dann schauen wir mal, wie es weitergeht», sagte Beck angesprochen auf die nächsten Olympischen Spiele in Paris 2024. Wenn sie ihre Entwicklung fortsetzt und weiterhin so viel Spaß hat, könnte es dann vielleicht mit der Medaille klappen – auch bei nicht ganz so warmem Wasser.

Von Thomas Eßer und Christian Kunz, dpa