DFB-Direktor: Mit Bundestrainer Flick wieder Fans begeistern

DFB-Direktor: Mit Bundestrainer Flick wieder Fans begeistern

Knapp einen Monat nach dem enttäuschenden EM-Aus der deutschen Nationalmannschaft schaut Oliver Bierhoff wieder nach vorne, weit über die rasch anstehende Weltmeisterschaft 2022 in Katar hinaus.

«Ich sehe uns gut gerüstet für 2024», sagte der Direktor des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) der «Welt am Sonntag». Zum Abschied von Langzeit-Bundestrainer Joachim Löw gab es noch ein letztes Abendessen mit «sehr gedämpfter» Stimmung.

Die Nationalmannschaft habe die Fans zuletzt «mehrmals enttäuscht», räumte Bierhoff ein. Die DFB-Auswahl wolle als Aushängeschild des deutschen Fußballs das Vertrauen aber zurückgewinnen. Mit Hoffnungsträger Hansi Flick – und vielleicht auch mit Thomas Müller und Mats Hummels. «Ich habe von beiden zumindest kein negatives Signal bekommen», sagte der 53 Jahre alte Bierhoff. «Sie haben sich toll integriert und die Mannschaft bei der EM mit geführt. Ich gehe davon aus, dass sie uns weiterhin zur Verfügung stehen.»

Löw hatte das Weltmeister-Duo von 2014 kurz vor der paneuropäischen EM zurückgeholt. Die Niederlage im Achtelfinale gegen England hatten aber auch Müller (31) und Hummels (32) nicht verhindern können – die Rückholaktion war doch zu kurzfristig gewesen, einer von Löws Fehlern bei seinem letzten Turnier. Müller und Hummels haben sich bislang nicht konkret zu ihren Zukunftsplänen in der Nationalmannschaft geäußert. Zuletzt verbreiteten sie fröhliche Bilder aus dem Urlaub. Dass der frühere Bayern-Trainer Flick (56) von Löw übernommen hat, spricht besonders bei Müller für weitere Spiele im DFB-Trikot.

DFB-Führung sehnt einen echten Neuanfang herbei

«Hansi geht mit einer unheimlichen Vorfreude und Begeisterung an seine Aufgabe. Und diese Begeisterung soll sich auf die Mannschaft, die Fans, auf den gesamten DFB übertragen», sagte Bierhoff, der mit der Unterschrift des Titelsammlers des Rekordmeisters München seine eigene Position in der tiefen Führungskrise des Verbandes stärken konnte. «Ihn interessiert die Entwicklung des gesamten Fußballs, deshalb war er ja auch schon DFB-Sportdirektor. Hier wird er uns in vielen Bereichen helfen», äußerte Bierhoff über seinen Freund Flick.

Flicks DFB-Auswahl startet Anfang September in der WM-Qualifikation mit drei Partien gegen Liechtenstein, Armenien und Island in die neue Saison. Nach dem blamablen 1:2 gegen Nordmazedonien im März steht Deutschland als Dritter der Gruppe J unter Druck. Die DFB-Führung sehnt einen echten Neuanfang herbei. Flicks «erste Aufgabe» werde sein, «der Mannschaft eine sportliche Identifikation zu geben und sie erfolgreich spielen zu lassen», sagte Bierhoff. «Zu gewinnen und wieder unsere Fans zu begeistern.»

Dass Löw eine entscheidende Aufgabe bei der EM nicht gelungen war, deutete Bierhoff zumindest an. Flick schaffe «eine gute Atmosphäre in der Mannschaft. Das ist eine Erkenntnis dieser EM: Italien und England waren nicht die Teams mit den besten Einzelspielern, sondern haben einen besonderen Spirit entwickelt», referierte der Direktor. «Mit seiner Art kann Hansi diese Geschlossenheit wecken.»

Im Fokus stehe nicht erst die Heim-EM in drei Jahren. Auch bei der Katar-WM in gut 15 Monaten ändere sich die Erwartungshaltung nicht. «Ich finde, wir müssen als Deutschland immer diesen Anspruch haben. Jedes Turnier zeigt doch, was alles möglich ist. Und jeder unserer Spieler geht auf das Feld, um zu gewinnen», sagte Bierhoff. «Wir können eine gute Mischung aus Erfahrung und Perspektive finden, mit der wir beide Ziele verfolgen können: die aktuelle Stärke und die Entwicklung der Mannschaft.»

Von Jan Mies und Klaus Bergmann, dpa