Die Hitze als Gegner: Wellbrock peilt im Meer Medaille an

Die Hitze als Gegner: Wellbrock peilt im Meer Medaille an

Keine 24 Stunden nach seinem Bronze-Rennen im blau-leuchtenden und perfekt temperierten Olympia-Becken startete Florian Wellbrock in die heiße Phase der Vorbereitung auf die nächste große Aufgabe unter komplett anderen Voraussetzungen.

Bei seiner nächsten Medaillen-Mission neun Jahre nach dem bis dato letzten deutschen Freiwasser-Edelmetall durch Rekordchampion Thomas Lurz muss sich der Doppel-Weltmeister in der Tokyo Bay auf ungleich härtere Bedingungen einstellen. Hohe Wassertemperaturen, starke Sonneneinstrahlung und die Sorge vor dreckigem Wasser prägen die Diskussionen vor den intensiven Kräftemessen über zehn Kilometer.

Am Montag verschaffte sich das deutsche Team in den frühen Morgenstunden einen Eindruck von der Wettkampfstätte im Odaiba Marine Park. Vor dem Frauenrennen mit Leonie Beck und Finnia Wunram am Mittwoch (Dienstag 23.30 MESZ) und dem Auftritt von 1500-Meter-Bronzegewinner Wellbrock sowie Rob Muffels am Donnerstag (Mittwoch 23.30 Uhr MESZ) justierten die Organisatoren noch den roten Bogen im Ziel, unter dem Goldkandidat Wellbrock im Optimalfall als Erster hindurchkraulen will. Für die Skyline von Tokio und die beeindruckende Rainbow Bridge im Hintergrund werden die Athletinnen und Athleten in brütender Hitze keinen Blick haben.

«Bedingungen besser als erwartet»

«Das Wasser auf der Strecke ist sehr trüb. Man hat vielleicht eine Sichtweite von etwa 30 Zentimetern», resümierte Wellbrock nach dem ersten Test. «Die Temperatur lag heute bei 28,3 Grad. Die Bedingungen sind also hart, aber insgesamt war es besser als erwartet. Es ist abzuwarten, wie warm es sich dann tatsächlich anfühlt, wenn man sich zwei Stunden bei Maximalbelastung in der Sonne und dem warmen Wasser bewegt.»

Auch Bundestrainer Bernd Berkhahn hatte die Wassertemperatur als «die große Herausforderung bei diesem Freiwasserrennen» ausgemacht. «Es gab ein paar Rennen bei so hohen Temperaturen und die endeten dann meistens damit, dass die Sportler zum Finish eigentlich nur noch ins Ziel getorkelt sind», sagte er schon im Vorbereitungscamp der Schwimmer.

Der Schwimm-Weltverband gibt für seine Freiwasser-Wettbewerbe eine Wassertemperaturspanne von 16 bis 31 Grad vor. Zwischenzeitlich bestand die Sorge, dass die Obergrenze in Japan angekratzt werden könnte. So schlimm wird es zwar wohl nicht, weil unter anderem Umwälzanlagen die Temperatur etwas niedriger halten. Doch angenehm ist trotzdem anders.

Zumindest fehlende Sauberkeit des Meereswassers sollte aus gesundheitlicher Sicht kein größeres Problem werden. Bevor er sich selbst ein Bild von der Situation machen konnte, hatte sich Wellbrock diesbezüglich noch Sorgen gemacht. «Mal heißt es, die Wasserqualität ist sehr, sehr gut, dann sind auf einmal viele Bakterien im Wasser und man riskiert Erbrechen oder Durchfall nach dem Training», sagte er nach Bronze über 1500 Meter Freistil. Am Montag stellte Beck fest, dass die Sicht zwar schlecht, die Wasserqualität aber «sogar besser als der Standard» sei.

Wellbrock der «Topfavorit»

Gelingt die Gewöhnung an die Extrem-Bedingungen mit rund 30 Grad Außentemperatur bereits am frühen Morgen, stehen die Chancen auf weitere deutsche Schwimm-Medaillen nach Bronze für Wellbrock und dessen Verlobte Sarah Köhler im Becken nicht schlecht. Rekordweltmeister Lurz machte Wellbrock schon als «Topfavoriten» aus. «Der Spagat, im Becken und draußen zu schwimmen, ist vor allem möglich, weil erst im Becken und dann im Freiwasser geschwommen wird», sagte Lurz, den die extremen Bedingungen nur wenig besorgen. «Das ist Freiwasser und gehört zum Sport. Es sind ja keine 33 Grad im Wasser.»

Wellbrock ist Freiwasser-Weltmeister und gewann seine Generalprobe Mitte Juni in Spanien. WM-Bronze-Gewinner Muffels, Beck und Wunram haben ebenfalls schon gezeigt, dass sie auf Weltniveau ganz vorne mitmischen können.

Eine besondere Bedeutung kommt der regelmäßigen Verpflegung zu. «Das heißt, wie viel Wasser nimmt man auf? Welche Getränke und welche Temperatur haben diese Getränke? Ansonsten hat man keine Chance, der Hitze zu entgehen», sagte Berkhahn.

Von Thomas Eßer und Christian Kunz, dpa