Flicks riesiger WM-Mutmacher: Historisches 5:2 gegen Italien

Flicks riesiger WM-Mutmacher: Historisches 5:2 gegen Italien

Hansi Flick umarmte Italiens frustrierten Trainer Roberto Mancini, das ausgepumpte DFB-Team drehte eine verdiente Ehrenrunde.

Dank des höchsten Sieges seit 83 Jahren gegen den einstigen Angstgegner hat sich die Nationalmannschaft doch noch mit einem riesigen WM-Mutmacher in die Sommerpause verabschiedet.

Nach vier 1:1-Spielen in Serie steigerte sich die DFB-Auswahl beim historischen 5:2 (2:0) in Mönchengladbach in allen Mannschaftsteilen deutlich und feierte in der Nations League das ersehnte Erfolgserlebnis gegen einen der Großen im Weltfußball.

Neuer: «Das war ein wichtiger Meilenstein»

«Das war ein wichtiger Meilenstein», sagte Kapitän Manuel Neuer. Coach Flick machte seiner Mannschaft ein «Riesenkompliment» und meinte: «Das war ein richtiger Stresstest für uns alle.» Auch Torschütze Ilkay Gündogan lobte: «Wenn wir es so machen wie heute, werden viele Mannschaften es schwer gegen uns haben.»

Joshua Kimmich (10. Minute), Gündogan per Foulelfmeter (45.+4), der wieder lautstarke Anführer Thomas Müller (51.) und Flicks Toptorschütze Timo Werner (68. und 69.) sorgten vor 44.144 Zuschauern für große Vorfreude auf die Endrunde Ende dieses Jahres in Katar. In der Nations League spielt die DFB-Auswahl zuvor im September in Leipzig gegen den überraschenden Spitzenreiter Ungarn und in England um den Gruppensieg und die Qualifikation für das Finalturnier 2023.

Für den enttäuschenden Europameister erzielten Wilfried Gnonto (78.) und Alessandro Bastoni (90.+4) die Treffer. «Für so etwas gibt es keine Entschuldigung», wetterte Schlussmann Gianluigi Donnarumma nach der Pleite. Auch Coach Mancini gestand: «Das macht keinen Spaß, 2:5 zu verlieren.»

Wie schon in den Partien davor hatte Flick seine Startelf auch gegen das nicht für die WM qualifizierte Italien kräftig umgebaut. Fünf Neue rückten ins Team, darunter Abwehrchef Antonio Rüdiger und der zuletzt heftig kritisierte Leroy Sané. «Jeder Spieler braucht eine gewisse Rückendeckung, das wollen wir ihnen auch geben», sagte Flick, der erneut auch Werner das Vertrauen schenkte.

DFB-Elf mit 2:0-Führung zur Halbzeit

Sané und Werner waren auch gleich an den ersten guten Szenen der DFB-Elf in der Offensive beteiligt. Mit ein wenig Glück kam Sané am Strafraum der Italiener zum Schuss, der Ball strich knapp am linken Pfosten vorbei (7.). Drei Minuten später erreichte Niklas Süles langer Pass Werner, der David Raum bediente. Dessen Flanke fand den frei am Fünfmeterraum stehenden Kimmich, der locker einschob.

Beflügelt von der frühen Führung hatte die deutsche Mannschaft mehr vom Spiel, wirkte zielstrebiger und einsatzfreudiger als noch beim ernüchternden 1:1 in Ungarn drei Tage zuvor. Rüdigers Kopfball nach einem Eckstoß von Kimmich verfehlte knapp sein Ziel (15.). Nach einem schnellen Konter über Sané und Werner scheiterte der zuletzt schon so auffällige Jonas Hofmann an Gäste-Keeper Gianluigi Donnarumma (32.).

Coach Flick gefiel die Vorstellung seiner Schützlinge trotz einiger Stockfehler offensichtlich. Immer wieder klatschte er an der Seitenlinie bei gelungenen Aktionen und trieb sein Team engagiert an. Schön freigespielt von Thomas Müller hätte der bisweilen wieder schludrige Sané schon für das 2:0 sorgen müssen, schloss aber von der Strafraumgrenze zu unplatziert ab (39.). Sekunden später fand auch Werner in Donnarumma seinen Meister.

Von den Italienern kam vor der Pause nur wenig im Spiel nach vorn. Bis auf die frühe Gelegenheit von Giacomo Raspadori, die Manuel Neuer entschärfte (8.), enttäuschte die Squadra Azzurra ihre Fans.

Dann machte Alessandro Bastoni alles noch schlimmer, als er Hofmann ungeschickt bei Müllers Flanke umstieß. Schiedsrichter Istvan Kovacs aus Rumänien entschied auf Strafstoß, Gündogan erzielte sein 15. Länderspieltor. Zum ersten Mal seit dem 3:4 im Jahrhundertspiel bei der WM 1970 gelang einer DFB-Auswahl damit mehr als ein Tor in einem Pflichtspiel gegen Italien.

Werner trifft doppelt

Damit aber längst nicht genug. Das kurze Aufbäumen der Gäste direkt nach Wiederbeginn brachte die deutsche Abwehr zwar kurz ins Wanken. Doch Müller versetzte den Italienern mit seinem 44. DFB-Tor den nächsten Stich, nachdem Raums scharfer Pass in die Gefahrenzone nur ungenügend abgewehrt worden war.

Dann wurde es endgültig ganz bitter für Italien. Der eingewechselte Serge Gnabry bediente uneigennützig den bis dahin etwas glücklosen Werner – und der Chelsea-Profi schraubte mühelos auf 4:0. Nur eine Minute später patzte Donnarumma mit einem Fehlpass. Gnabry lenkte gedankenschnell zu Werner, der schon wieder jubeln durfte. Mit nun sieben Treffer ist der 26-Jährige der erfolgreichste Torjäger seit Flicks Amtsantritt.

Einen kleinen Schönheitsfleck, der besonders Kapitän Neuer ärgerte, gab es dann aber doch noch. Der Schlussmann wehrte den Versuch von Federico Dimarco vor die Füße des 18 Jahre alten Gnonto ab, der sich zum jüngsten Länderspiel-Torschützen Italiens machte. Damit verpasste Neuer wieder das erhoffte Zu-Null-Spiel. In der Nachspielzeit traf dann sogar noch Bastoni.

Von Jan Mies, Arne Richter und Christian Hollmann, dpa