Gegenentwurf zu Hörmann: Weikert Favorit für DOSB-Chefamt

Gegenentwurf zu Hörmann: Weikert Favorit für DOSB-Chefamt

Für Thomas Weikert könnte sein 60. Geburtstag am Montag ein ganz besonderer Wendepunkt seines Lebens werden. Schließlich tritt der Tischtennis-Topfunktionär einen Tag zuvor in Düsseldorf beim Finale der Suche nach einem neuen Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes als Favorit an.

Zumal der Jurist aus Limburg an der Lahn wie ein Gegenentwurf des polarisierenden Amtsinhabers Alfons Hörmann wirkt und als Mann des Ausgleichs gilt.

«Gestalten ist wichtig. Ich war immer im Sport tätig und wenn man etwas machen kann, um zu befrieden, könnte ich mir vorstellen, es zu tun», sagte Weikert der Deutschen Presse-Agentur. «Ich denke, dass ich zunächst immer versuche, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Das ist mein Stil, das war so im Deutschen Tischtennis-Bund und ist so im Weltverband ITTF, aber auch im sonstigen Leben.»

Weikert, der am 24. November den Job als ITTF-Präsident beendet, hat in Ex-Fechterin Claudia Bokel und dem CSU-Politiker Stephan Mayer zwei Rivalen um das höchste deutsche Sportamt, das am 4. Dezember auf der DOSB-Mitgliederversammlung in Weimar vergeben wird. Wer aus dem Trio der Sieger wird, könnte sich sogar erst dort bei der Wahl entscheiden.

«Vielleicht alle drei, zwei oder eine oder einer. Eine Vorauswahl wird es in Düsseldorf nicht geben», sagte Ingo Weiss, Sprecher der deutschen Spitzenverbände. Mit Bezug auf Weikerts runden Geburtstag am Tag nach der Präsentation fügte er hinzu: «Mit 60 fängt das Leben im DOSB vielleicht an. Ich wünsche ihm viel Glück und Erfolg.»

Ziel: Einen und zurück in die Erfolgsspur

Die Dachorganisation nach achtjähriger Hörmann-Ära wieder zu einen und in die Erfolgsspur zu bringen, wird für jeden der Drei die große Herausforderung. Sorgen bereitet Weikert besonders der Zustand des Breiten- und Vereinssports, dem in der Corona-Krise viele Mitglieder davonlaufen. Der Sport habe «kein rechtes Gesicht und keine Stimme, besonders in Bezug auf die Pandemie». Die Vereine hätten zum Teil brach gelegen, während die Fußball-Bundesliga weiterspielen konnte. «Doch sie hat den Sport geprägt, aber der Breitensport kam nicht vor, weil nicht alle an einem Strang gezogen haben», urteilte der aktive Tischtennisspieler. «Da geht es um den Stellenwert des Sports.»

Auch die Anerkennung Deutschlands im Weltsport hat gelitten. Seit 1972 sind alle Bemühungen, Olympische Spiele ins Land zu holen, gescheitert – zuletzt mit Hamburg und der Initiative Rhein-Ruhr. Außerdem bewegt sich der deutsche Spitzensport trotz einer initiierten Reform seit Jahren abwärts. Die Olympia-Bilanz der Tokio-Spiele war so mäßig wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr. Für Weikert steht aber fest: «Wir haben erhebliches Potenzial.»

Olympia-Kandidatur «ein Kernthema»

Für den international erfahrenen Funktionär wäre im Falle seiner Wahl einen deutsche Olympia-Kandidatur «ein Kernthema». Allerdings gilt das Verhältnis zum Internationalen Olympischen Komitee und seinem deutschen Präsidenten nach dem gescheitertem Versuch mit Rhein-Ruhr als gestört. «Ich komme mit Thomas Bach sehr gut zurecht, es ist ein beidseitig gutes Verhältnis», betonte Weikert. «Der deutsche Sport kann sich sehr sehen lassen. Das muss man auch dokumentieren, wenn man – was Sportgroßveranstaltungen angeht – eine wichtige Rolle spielen will und man sich entsprechend bewirbt.»

Die sieben Jahre als ITTF-Chef waren für ihn nicht frei von Konflikten. Den Machtkampf gegen seinen Vizepräsident Khalil Al-Mohannadi (Katar), den er vergeblich aus dem Amt entfernen wollte und der ihn wegen eines «Mangels an strategischen und konstruktiven Initiativen» kritisierte, hinterließ Spuren. Auch deshalb dürfte er sich schon Anfang des Jahres entschieden haben, aufzuhören: Zumal ihm «die Ausrichtung der ITTF in der Zukunft» nicht behagte.

Weikert ist als Funktionär in den Weltsport aufgestiegen, blieb aber immer ein Mann der Basis. Beim hessischen Club TTC Elz ist er Geschäftsführer und Spieler. «Wenn ich jetzt noch Spieler in einer höheren Spielklasse wäre, wäre es für die Sportart sicherlich nicht gut», gestand er. Dafür hat er den Ehrgeiz, auch in den unteren Regionen des Sports erfolgreich zu sein und etwas zu bewirken. Deshalb übernahm er im Oktober den Vorsitz des Sportkreises Limburg-Weilburg – zu einem Zeitpunkt, als er schon als Kandidat für das DOSB-Topamt gehandelt wurde.

Von Andreas Schirmer, dpa