Krise immer schlimmer: Hertha BSC in Frankfurt chancenlos

Krise immer schlimmer: Hertha BSC in Frankfurt chancenlos

Der sichtlich bediente Sandro Schwarz wollte sich nach der nächsten Pleite mit Hertha BSC keine Gedanken über seinen Job machen.

«Ich habe keine Ahnung, ob das Vertrauen der Bosse Grenzen hat», sagte der Trainer der in diesem Jahr weiter sieglosen Berliner nach dem nächsten Rückschlag im Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga. «Das muss man sie fragen.»

Durch das 0:3 (0:2) bei Eintracht Frankfurt am Ende einer «wilden Woche» (Schwarz) mit der Trennung von Geschäftsführer Fredi Bobic und der Verpflichtung des neuen Sportdirektors Benjamin Weber ist der Hauptstadt-Club noch tiefer in die sportliche Krise gerutscht. Ganze 14 Punkte stehen nach 19 Spielen auf dem Konto des Tabellenvorletzten, der insbesondere in der ersten Halbzeit wie ein Absteiger spielte. «Mir ist bewusst, dass wir zu wenig Punkte haben», räumte Schwarz ein.

Weber mit flammendem Appell vor der Partie

Vor der Partie beim Europa-League-Sieger, für den Randal Kolo Muani (21./Foulelfmeter, 28. Minute) und Aurélio Buta (90.+4) vor 49.500 Fans trafen, hatte Sportdirektor Weber noch einen flammenden Appell an die Profis gerichtet. «Wir wollen die Stadt gewinnen, wir wollen die Fans gewinnen und wir wollen natürlich eine Mannschaft, die begeistert Fußball spielt», sagte der 42-Jährige am Sky-Mikrofon.

Zu sehen war davon nichts. Behäbig, träge und mutlos agierten die Berliner im ersten Durchgang, was Schwarz in der Halbzeit mit deutlichen Worten monierte. «Der Trainer hat in der Pause an unsere Ehre appelliert, dass wir so nicht auftreten können und ein anderes Gesicht zeigen müssen», berichtete Stürmer Florian Niederlechner nach dem Abpfiff.

«Die erste Halbzeit war enttäuschend. Wir hatten zu wenig Zugriff, zu wenig Zutrauen und immer eine abwartende Haltung», kritisierte Schwarz. Ähnlich bewertete Marco Richter den Auftritt in den ersten 45 Minuten. «Wir hatten uns vor dem Spiel viel vorgenommen und wollten dagegenhalten. Leider ist nichts gegangen. Das darf uns nicht passieren», sagte der Offensivmann und forderte: «Wir müssen langsam aufwachen und punkten.»

Hertha-Offensive mit Schreckensbilanz

Die Berliner haben jetzt vier Spiele in Serie verloren und seit über vier Stunden kein Tor mehr erzielt. Eine Schreckensbilanz, die wenig Mut macht. Zumal der Verein in der Winter-Transferphase trotz der bedrohlichen sportlichen Situation sehr zurückhaltend agierte. Rückkehrer Tolga Cigerci war der einzige Neuzugang. Weber verteidigte die Zurückhaltung des Vereins auf dem Transfermarkt. «Wir haben nur nach Überzeugung gehandelt und dort etwas gemacht, wo wir klar dahinterstehen und es in unseren wirtschaftlichen Rahmen gepasst hat. Wir haben Vertrauen in die Gruppe», sagte er.

Es ist jetzt an der Mannschaft, dieses in den nächsten Wochen zu bestätigen. Die Aufgaben werden jedoch nicht leichter. Erst gastiert Borussia Mönchengladbach bei den Berlinern, die dann zu Borussia Dortmund müssen. «Das Wichtigste ist, dass man positiv bleibt, auch wenn es schwer ist. Wir müssen alle zusammenhalten. Dann bin ich mir sicher, dass wir aus dem Loch herauskommen», sagte Niederlechner.

Häme der Frankfurter Fans

Dabei vertraut die Mannschaft voll auf Schwarz. «Der Trainer ist zu hundert Prozent der richtige Trainer. Das sehen viele Spieler so. Wir stehen hundertprozentig hinter ihm», sagte Richter. Er hofft, «dass der Ball irgendwie mal wieder über die Linie geht und wir in die Erfolgsspur zurückfinden».

Gelingt dies nicht, droht nach elf Jahren der insgesamt sechste Abstieg in der Vereinsgeschichte, den die Frankfurter Fans bereits hämisch besangen. «Hey, das geht ab, die Hertha steigt endlich ab», schallte es durch die Arena. Die Berliner wollen dies mit aller Macht verhindern. «Aktuell ist das einfach eine Scheiß-Situation. Kein Punkt, keine Glücksgefühle. Die brauchen wir, damit wir weiter an unsere Arbeit glauben können», sagte Kevin-Prince Boateng und appellierte an die eigenen Anhänger: «Ich weiß, dass es für unsere Fans sehr hart ist. Aber wir müssen an einem Strang ziehen und brauchen dabei jeden Herthaner.»

Von Eric Dobias, dpa