Nadal vor 21. Grand-Slam-Triumph – Endspiel gegen Medwedew

Nadal vor 21. Grand-Slam-Triumph – Endspiel gegen Medwedew

Jetzt fehlt Rafael Nadal tatsächlich nur noch ein Sieg zum 21. Titel und Grand-Slam-Rekord: Nach Monaten voller Schmerzen und Zweifeln sowie Gesprächen über ein Ende seiner Tennis-Karriere greift der Spanier bei den Australian Open nach dem Triumph.

Am Sonntag (9.30 Uhr deutscher Zeit/Eurosport) kann sich der 35-Jährige mit einem Finalerfolg gegen russischen US-Open-Champion Daniil Medwedew zur alleinigen Nummer eins in der extrem prestigeträchtigen Statistik küren. Er würde sich von seinen langjährigen Rivalen Roger Federer und Novak Djokovic absetzen.

Djokovic, Nadal und Federer gleich auf

«Ich denke, Novak wird dieses Match in zwei Tagen auch gucken», sagte Medwedew grinsend im Siegerinterview. Und wenn Nadal dann triumphiert, würde für den anfangs deutlich höher gehandelten Djokovic seine Niederlage vor dem Bundesgericht und die erzwungene Ausreise aus Australien noch bitterer werden. «Ich musste leiden, ich musste kämpfen. Es bedeutet mir viel, hier wieder im Finale zu sein», sagte ein überglücklicher Nadal nach seinem 6:3, 6:2, 3:6, 6:3 im Halbfinale von Melbourne am Freitag gegen den Wimbledon-Finalisten Matteo Berrettini. 13 Jahre ist sein einziger Melbourne-Erfolg her: «Ich hätte nie an eine weitere Chance 2022 gedacht.»

Auch angesichts der Fragezeichen, die hinter seiner Teilnahme an den Australian Open standen, zuckte Nadal bei der Frage nach dem historischen Tennis-Meilenstein nur mit den Schultern. Er nimmt die Statistik nicht so wichtig, wie er glaubhaft versicherte. «Für mich ist es wichtiger, hier im Finale der Australian Open zu sein und darum zu kämpfen, noch einmal die Australian Open zu gewinnen als die anderen Statistiken, die vielleicht für die Geschichte des Sports wichtig sind», sagte der Weltranglisten-Fünfte: «Ich bin einfach glücklich, Teil dieser erstaunlichen Tennis-Ära zu sein. Das ist alles. Irgendwie ist es egal, ob einer einen mehr oder einen weniger erreicht. Wir haben alle erstaunliche Dinge geschafft.»

In dem seit langen faszinierenden Rennen um die Grand-Slam-Titel stehen die großen Drei momentan auf einer Stufe: Nadal hat ebenso wie der wegen seiner langwierigen Knieprobleme pausierende Schweizer Federer und der serbische Weltranglisten-Erste Djokovic 20 Trophäen bei den vier wichtigsten Turnieren gesammelt.

Gute Aussichten auf den Triumph

Nadals Aussichten sind nun glänzend, sofern die Fitness nach seiner langen Zwangspause für ein weiteres Match ausreicht. Allerdings muss er dafür den starken Weltranglisten-Zweiten Medwedew schlagen, der seinen zweiten Grand-Slam-Triumph nach seinem Coup von New York anstrebt. Das emotionale Halbfinale gegen den griechischen Weltranglisten-Vierten Stefanos Tsitsipas entschied Medwedew mit 7:6 (7:5), 4:6, 6:4, 6:1 für sich.

Vehement schimpfte Vorjahresfinalist Medwedew zwischenzeitlich mit Schiedsrichter Jaume Campistol und beschwerte sich über das aus seiner Sicht erfolgende Coaching von Tsitsipas‘ Vater, der als Coach auf der Tribüne saß. «Du bist so schlimm, Mann», schrie der 25 Jahre alte Russe außer sich bei 4:5 im zweiten Satz: «Wie kannst du so schlecht sein im Halbfinale eines Grand Slams?» Medwedew bestreitet nun sein viertes Grand-Slam-Finale. In der Tennis-Szene unvergessen ist das US-Open-Finale von 2019, das Nadal in fünf Sätzen nach einem Auf und Ab gegen Medwedew für sich entschied.

Die Statistiken von Nadal sind beeindruckend: Der Routinier erreichte sein 29. Grand-Slam-Finale. Am Sonntag kann es Nadal als vierter Spieler bei den Herren schaffen, dass er jedes der vier Grand-Slam-Turniere mindestens zweimal gewonnen hat.

Nadal: «Es ist ein Geschenk Tennis zu spielen»

Nach «sehr schweren» sechs Monaten verblüfft Nadal sich selbst. «Vor eineinhalb Monaten wusste ich nicht, of ich es schaffe, wieder auf die Tour zurückzukommen, weil wir das Problem nicht lösen konnten», sagte er: «Hier bin ich, und bin dankbar dafür. Das ist alles. Es ist ein Geschenk, einfach hier zu sein und Tennis zu spielen. Ich nehme die Sachen nun ein bisschen anders. Am Ende des Tages, ich bin ehrlich, ist es für mich wichtiger, wieder die Chance zu haben, Tennis zu spielen als den 21. zu gewinnen.»

Wimbledon hatte der Linkshänder im vergangenen Jahr ausgelassen, auf die Olympischen Spiele und die US Open verzichtet, seit August gar kein Turnier mehr gespielt. Jeden Tag seien die Probleme mit dem Fuß ein Thema gewesen. Manchmal habe er nur 20 Minuten, manchmal 45 Minuten Tennis spielen können – und manchmal überhaupt nicht. Gedanken an ein Grand-Slam-Match waren weit weg. «Ich hatte viele herausfordernde Momente – viele Tage mit harter Arbeit ohne ein Licht zu sehen.» Er habe mit seinem Team und seiner Familie darüber geredet, ob es Zeit sei, Abschied zu nehmen.

Im Halbfinale gegen den italienischen Weltranglisten-Siebten Berrettini spielte Nadal zwei Sätze grandios. Im dritten Satz wurde er müder, der zehn Jahre jüngere Römer besser. Doch bevor das Match zu kompliziert wurde, packte Nadal zu. Die Entscheidung fiel im achten Spiel des vierten Satzes, als Berrettini mit Vorhandfehlern das letztlich Break für Nadals 500. Hartplatzsieg begünstigte.

Von Kristina Puck, dpa