Problemspiele in Peking: Corona-Kampf und Boykott-Debatten

Problemspiele in Peking: Corona-Kampf und Boykott-Debatten

Zwischen Boykott-Debatten und Corona-Wellen halten die Olympia-Macher von Peking stur an ihren Plänen fest.

«Die Sache ist absolut auf Kurs», beteuerte IOC-Spitzenfunktionär Juan Antonio Samaranch Junior während der Beratungen des Internationalen Olympischen Komitees. Doch noch mehr als das um ein Jahr verschobene Sommer-Spektakel von Tokio wird Winter-Olympia in China für die Organisatoren zu Problemspielen. Die strikten Corona-Maßnahmen, die Debatte um den umstrittenen Gastgeber und nun auch noch der diplomatische Boykott großer Wintersport-Nationen wie USA und Kanada belasten das IOC-Kernprodukt gewaltig.

Wie geht China mit den Ankündigungen eines politischen Boykotts um?

Chinas Führung reagiert höchst verärgert. «Es ist eine Verhöhnung des olympischen Geistes, eine politische Provokation und ein Angriff auf 1,4 Milliarden Chinesen», sagte ein Außenamtssprecher. Wegen der Pandemie sind die Kapazitäten für ranghohe Besucher aber ohnehin begrenzt. So sind auch zu den Sommerspielen in Tokio nicht viele Politiker gereist. Und «Freunde» wie Russlands Präsident Wladimir Putin haben für Peking immerhin zugesagt. Eine Staatszeitung drehte den Spieß um und schrieb, wer über Boykott rede, werde gar nicht erst eingeladen.

Was sagt das IOC dazu?

IOC-Chef Thomas Bach bezeichnete die Frage eines diplomatischen Boykotts als «rein politische Diskussion.» Der Dachverband sei «politisch neutral.» Für das IOC sei allein die Teilnahme der Athleten entscheidend.

Wie reagieren die Athleten auf die anhaltenden Debatten um China?

«Es gibt eine hohe Sensibilisierung innerhalb der Athletenschaft für die problematische Lage in China», sagte Maximilian Klein von Athleten Deutschland der ARD-«Sportschau». Man habe Zweifel, dass deren Rede- und Meinungsfreiheit in China beschützt werde. Eine Reihe von Sportlerinnen und Sportlern hat sich bereits kritisch über die Vergabe der Spiele an Peking geäußert. Menschenrechtsverstöße, der Gigantismus der olympischen Sportstätten und die fehlende Wintersporttradition stören nicht wenige Teilnehmer. Hinzu kommt die Sorge wegen der knallharten Corona-Regeln. «Die Bedingungen, die wir da vor Ort erlebt haben, die sprechen dafür, da nicht unbedingt noch einmal hinzufahren», sagte Rodel-Olympiasiegerin Natalie Geisenberger, die bei Testwettkämpfen in Quarantäne musste.

Wie ist die Corona-Lage in China?

China hat das Virus gut im Griff. Nach einer längeren Phase ohne Infektionen hat die Delta-Variante seit Herbst aber auch in der Volksrepublik die Pandemiebekämpfung erschwert. Mit Massentests, Kontaktverfolgung, Zwangsquarantäne und Einreisebeschränkungen haben die Behörden die Lage aber unter Kontrolle. Seit Mitte Oktober wurden knapp 2000 Fälle gezählt – auf 1,4 Milliarden Chinesen. Heute werden täglich nur einige Dutzend lokale Ansteckungen berichtet. An der strikten «Null-Covid-Strategie» will die Regierung auf keinen Fall rütteln. Studien sagen einige Hunderttausend Ansteckungen am Tag voraus, falls China die Grenzen wie andere Länder öffnen würde.

Welche Rolle spielt Omikron für die Organisatoren?

Die neue Virusvariante Omikron hat die ohnehin große Nervosität der Gastgeber noch einmal erhöht. Alle Vorsichtsmaßnahmen dürften verschärft werden. Die Athleten und andere ausländische Teilnehmer dürfen sich ohnehin nur in «geschlossenen Kreisläufen» zwischen Unterkunft und Wettkampfstätten oder Medienzentren bewegen. Auch sind tägliche Tests geplant. Gab es bei den Sommerspielen in Tokio eher eine «Blase mit Löchern», durch die Teilnehmer auch mal ins Land schlüpfen konnten, erwarten Diplomaten in Peking vielmehr eine hermetische Abriegelung mit «doppelten Wänden».

Gibt es Überlegungen für eine kurzfristige Absage oder Verlegung der Spiele?

Nein. Auch Omikron hat die Entschlossenheit der Organisatoren nicht erschüttern können. Es möge zwar «einige Herausforderungen» geben, aber man gehe davon aus, dass die Spiele «reibungslos und erfolgreich» abgehalten werden können, sagte ein Regierungssprecher. Es ist ein großes Propaganda-Ereignis, auf das die kommunistische Führung auf keinen Fall verzichten möchte. Auch will China dem Rivalen Japan nach den Sommerspielen in Tokio zeigen, wie gut oder sogar um wie viel besser die Spiele in Peking organisiert werden.

Wie sieht es mit der Zulassung von Zuschauern aus?

Ausländische Zuschauer wird es bei den Winterspielen in Peking nicht geben. Inländische Besucher sollen streng kontrolliert mit Impfungen und Corona-Tests zugelassen werden. Allerdings gibt es noch keine Möglichkeiten für normale Chinesen, Eintrittskarten zu buchen. Der Mangel an Informationen führte zu Gerüchten, dass vielleicht nur geladene und ausgesuchte Zuschauer erlaubt werden. Vielleicht wollen die Organisatoren auch noch die Entwicklung weiter abwarten.

Von Andreas Landwehr und Christian Hollmann, dpa