Unter dem Radar zum Coup? Zverev in Paris in neuer Rolle

Unter dem Radar zum Coup? Zverev in Paris in neuer Rolle

Es ist noch kein halbes Jahr her, da schien der Himmel das Limit für Alexander Zverev. Platz eins in der Weltrangliste, erster Grand-Slam-Titel – alles schien vor den Australian Open möglich für den Olympiasieger.

Zumindest glaubte das Deutschlands bester Tennisspieler selbst. Doch dann flog Zverev in Melbourne bereits im Achtelfinale raus. Es war der Beginn eines bislang sehr komplizierten Jahres, mit der Disqualifikation in Acapulco als negativem Höhepunkt.

Als Zverev nun Mitte der Woche in Paris eintraf, wo am Sonntag die French Open beginnen, geschah das weitgehend unbeobachtet. Novak Djokovic, Rafael Nadal, Carlos Alcaraz – die Schlagzeilen vor dem zweiten Grand-Slam-Turnier der Saison bestimmen andere. Zverev läuft ein bisschen unter dem Radar. Doch genau das könnte seine Chance sein.

Neuer Ehrgeiz

Das Motto für die kommenden zwei Wochen lautet: «Das lasse ich mir nicht gefallen. Jetzt ist meine Zeit gekommen, jetzt möchte ich gewinnen», sagte Zverevs Bruder und Manager Mischa Zverev im Eurosport-Podcast «Das Gelbe vom Ball».

Zverev geht also mit neuem Ehrgeiz in den Sandplatz-Klassiker. Und mit deutlich ansteigender Form. Finale beim Masters-1000-Event in Madrid, Halbfinalteilnahmen bei den Masters-1000-Turnieren in Monte Carlo und Rom. Nur beim Heim-Turnier in München leistete sich der 25-Jährige einen Aussetzer und schied gleich zum Auftakt aus. Doch vor allem die Leistungen in Madrid und Rom machen Mut. «Ich fühle mich auf dem Platz immer besser», sagte Zverev. «Ich habe mich von Spiel zu Spiel gesteigert und hoffe, ich kann in Paris mein bestes Tennis spielen.»

Schwerer Weg

Das wird nötig sein, will Zverev wirklich um den Titel mitspielen. Denn die Auslosung hat es in sich. Zwar wartet zum Auftakt am Sonntag lediglich ein Qualifikant, doch schon im Viertelfinale könnte es zum Duell mit dem spanischen Wunderkind Alcaraz kommen. Der 19-Jährige ist nach seinen beeindruckenden Leistungen von Madrid, wo er nacheinander Nadal, Djokovic und Zverev besiegte, für viele Experten in diesem Jahr der Topfavorit.

Im Halbfinale könnten dann entweder Branchenprimus Djokovic oder Rekord-Grand-Slam-Champion Nadal warten – schwerer könnte ein Weg ins Endspiel nicht sein. «Ich denke, die Chance ist groß, dass der French-Open-Sieger aus dieser Hälfte kommt», sagte Zverev. Doch Zverev will sich nicht unter Druck setzen. Er hat aus Melbourne gelernt, wo er vom ersten Tag an irgendwie verkrampft wirkte. «Ich denke, ich habe einige Matches bei Grand Slams verloren, weil ich unbedingt den Titel wollte», sagte Zverev.

Rückhalt gibt ihm sein Vater, der in Rom erstmals wieder als Trainer an seiner Seite war. «Er gibt mir eine gewisse Ruhe, ein gewisses Selbstvertrauen», sagte Zverev über die Rückkehr von Zverev Senior. «Er war ja von Anfang an dabei in meiner Karriere. Niemand kennt mich auf dem Court besser als er. Er gibt mir da etwas, das ich von keinem anderem bekommen kann, eine Art von Ruhe und Selbstbewusstsein. Das ist einfach da, wenn er da ist.»

Aber auch der Spanier Sergi Bruguera wird in Paris wieder dabei sein. «Er wird Sascha ein paar Tipps geben können, die vielleicht sehr interessant und wichtig sind», sagte Mischa Zverev. In der Summe soll das zum Coup von Paris führen. Und dann hätten Zverev auch alle wieder auf dem Radar.

Von Lars Reinefeld, dpa