Völlers Wunsch: Den Freunden «noch viele Jahre zusehen»

Völlers Wunsch: Den Freunden «noch viele Jahre zusehen»

Am Ende seiner fast halbstündigen Rede vor seinen engsten Wegbegleitern äußerte Rudi Völler einen bewegenden Wunsch.

«Ich hatte viel Glück in meinem Leben», sagte der 62-Jährige bei seiner offiziellen Abschiedsfeier bei Bayer Leverkusen im Bayer Kasino mit alten Förderern von Otto Rehhagel über Berti Vogts bis Reiner Calmund: «Mein Wunsch ist, dass ihr alle das Glück und die Zufriedenheit habt, die ich hatte. Und dass ich noch viele Jahre Zeit bekomme, euch dabei zuzusehen.»

Am Nachmittag nach dem 2:1 gegen den SC Freiburg war Völler spontan zum Vorsänger auf dem Zaun geworden. Für die ersten Tage nach dem Ende als Geschäftsführer von Bayer Leverkusen hat die Fußball-Ikone klare Pläne. Am Sonntag wollte der fünffache Vater mit seinen Söhnen die 2. Liga schauen, um Ex-Club Werder Bremen und dem Hamburger SV mit Manager-Zögling Jonas Boldt im Aufstiegsrennen die Daumen zu drücken. Am Montag bricht Völler zu seiner letzten Dienstreise in offizieller Mission nach Mexiko auf, danach will er auf Mykonos urlauben und sich dann an ein Leben mit mehr Zeit gewöhnen. In ein Loch fallen werde er sicher nicht, versicherte der Weltmeister von 1990, und sich auch nicht auf die faule Haut legen.

Endlich Zeit zum Golfen

Sportlich betätigen kann er sich künftig auf dem Golfplatz. Dem Golfen habe er sich bisher mit Verweis auf den Terminkalender verweigert, berichtete Ex-Stürmer Stefan Kießling, heute «Koordinator Lizenz» bei Bayer, und überreichte Völler ein Golfset mit persönlich signierten Bällen von allen Mitarbeitern. «Jetzt hast du endlich die Zeit dafür», sagte Kießling.

«Ein bisschen Wehmut» sei beim Abschied schon dabei, sagte Völler: «Aber ich freue mich auch, kürzerzutreten.» Zunächst musste er noch eine körperliche Höchstleistung bringen und erstmals in mehr als 40 Jahren Profi-Fußball auf den Zaun klettern. «Völler auf den Zaun» hatten die Fans gefordert – und ihr Rudi folgte dem Ruf, stimmte mit Mikrofon ein «ufta täterä» an und hüpfte mit den Anhängern. «Ich wusste natürlich den Text nicht», gestand er: «Aber ich hatte einen Souffleur.»

Premiere auf dem Zaun

Das Wichtigste sei, «dass ich mich nicht verletzt habe. In meinem Alter muss man ja aufpassen bei solch akrobatischen Aktionen», sagte Völler lachend. Es sei sein «erstes Mal» auf dem Zaun gewesen: «In meiner aktiven Zeit gab es so was ja nicht.»

Als Calmund ihn nach dem Karriere-Ende zu seinem Assistenten machen wollte, habe er gesagt: «Sportdirektor? Ich weiß gar nicht, was das ist und was ich da tun soll.» Es war der Beginn einer mehr als 20 Jahre langen Funktionärs-Karriere, nur für vier Jahre unterbrochen für die Zeit als DFB-Teamchef. Als er 1994 als Spieler zu Bayer kam, habe Calmund «als Folklore oder Hollywood erst Bernd Schuster und dann mich geholt. Und trotzdem waren relativ wenig Zuschauer da», sagte Völler, der als Mitglied des Gesellschafter-Ausschusses und Club-Botschafter im Verein bleibt, und blickte mit Stolz auf seine Zeit in Leverkusen – obwohl sie titellos blieb: «Das hat sich enorm entwickelt. So eine Stimmung wie heute, besser geht es nicht.»

Die Fans hatten ihn vor dem Spiel mit einer riesigen Spruch-Choreographie gefeiert. Auf acht Bannern wurden quer über den Block berühmte Zitate Völlers ausgebreitet wie zum Beispiel «Du sitzt hier auf deinem Stuhl, hast drei Weizenbier getrunken und bist schön locker» aus dem legendären TV-Interview mit Waldemar Hartmann oder «Wer so was macht, hat den Fußball nie geliebt» zum Karriere-Ende von Marcell Jansen im Alter von 29 Jahren. «Einige waren glaub ich gar nicht von mir», sagte Völler lachend: «Aber wenn der Tag lang ist, erzählt man viel Blödsinn.»

Von Holger Schmidt, dpa