WM fix, Boom gesucht: Wo der deutsche Basketball steht

WM fix, Boom gesucht: Wo der deutsche Basketball steht

Die mitreißenden Basketball-Bilder aus Köln und Berlin sind gerade einmal zwei Monate alt – gefühlt aber eine Ewigkeit her.

Zwar hat das deutsche Nationalteam um Kapitän Dennis Schröder an die Hochzeiten von Ex-Superstar Dirk Nowitzki erinnert und mit Bronze bei der famosen Heim-EM die erste Medaille seit 17 Jahren eingefahren. Doch mit einem anhaltenden Basketball-Boom wird es selbst nach einem glänzenden Sommer mit vollen Hallen und Live-Spielen zur Primetime sehr schwierig. Das zeigt sich bereits im ersten Länderspiel-Fenster danach.

3927 Zuschauer sahen am Freitagabend in Bamberg zu, wie das rundum erneuerte Nationalteam mit einem lockeren 94:80 gegen Finnland das WM-Ticket für den Sommer 2023 in Japan, Indonesien und auf den Philippinen löste. Sportlich sind die Perspektiven exzellent, zumal Schröder und NBA-Talent Franz Wagner für das Turnier wieder zur Verfügung stehen dürften. Was die Anziehungskraft im Alltag angeht, ist weiter deutlich Luft nach oben, obgleich sie beim Deutschen Basketball Bund (DBB) vor dem nächsten Qualifikationsspiel am Montagabend (18.00 Uhr/Magentasport) in Slowenien zufrieden sind.

«Top zufrieden mit der Zuschauerzahl»

«Ich hätte mir nicht mehr erhofft. Ich bin top zufrieden mit der Zuschauerzahl. Wieso muss ich immer alles negativ sehen? Wieso muss ich immer sagen, ich hätte das noch und ich hätte das noch? Na klar passt das für den Moment», sagte Verbandspräsident Ingo Weiss der Deutschen Presse-Agentur über die Kulisse. Der Kartenverkauf in Bamberg war trotz des Bronze-Coups im September eher schleppend angelaufen, am Ende waren viele Vereine und Jugendliche aus der Umgebung in der Halle. Die immerhin hatten sichtlich Spaß am nächsten klaren Sieg des umgebauten Nationalteams, das wegen des Spielkalenders ohne Stars wie Schröder oder Wagner auskommen musste.

«Können wir nicht einmal irgendwann zufrieden sein? Müssen wir immer ein Haar in der Suppe suchen?», fragte Weiss, der von einer Verkaufsquote von 75 bis 78 Prozent sprach. In der einstigen Basketball-Hochburg Bamberg hat die Arena ein Fassungsvermögen von mehr als 6000 Plätzen. Früher, als die Franken noch die Bundesliga dominierten, war dort jedes Spiel ausverkauft. Bundestrainer Gordon Herbert war mit dem Ambiente ebenfalls zufrieden. «In Bamberg ist immer eine hervorragende Stimmung, das ist Freak City. Das ist eine atemberaubende Basketball-Stadt. Die Fans waren großartig, sie standen wirklich hinter uns», sagte Herbert.

Frauen-Fußball-Boom hält länger

Doch vergleicht man die Basketballer mit den DFB-Frauen, die im Juli in England bei ihrem Finaleinzug ebenfalls Euphorie auslösten, hat dort der Boom bislang besser und länger angehalten. Das Team von Cheftrainerin Martina Voss-Tecklenburg bestritt im Oktober in Dresden gegen Frankreich ein Testspiel, das in der Primetime in der ARD übertragen wurde. In der Bundesliga, die auch einen stark verbesserten neuen TV-Vertrag erhielt, werden Rekorde aufgestellt, die Zuschauerzahlen aus der Vorsaison sind schon nach sieben von 22 Spieltagen überboten. Solche Meilensteine sind im Basketball nicht in Sicht.

Dabei läuft es sportlich hervorragend. Anders als 2010 und 2014, als die WM-Quali sportlich verpasst wurde, gab es diesmal acht Siege aus neun Spielen. Schröder und Co. werden nächstes Jahr ab 25. August in Asien dabei sein, wenn der nächste Weltmeister ausgespielt wird. «Es haben alle einen super Job gemacht. Gordie macht das sehr gut. Wir sind rundum zufrieden mit ihm», lobte Weiss. Die Entscheidung, den 63 Jahre alten Kanadier mit der Nachfolge von Henrik Rödl zu beauftragen, hat sich schon jetzt ausgezahlt.

Herbert äußerte seinen Stolz auf «ein großartiges Team», dessen Gesicht sich von Länderspielphase zu Länderspielphase immer wieder verändert. Über die WM im nächsten Jahr wolle er erst nach dem Slowenien-Spiel in Koper sprechen. Dort geht es zwar nicht mehr um das WM-Ticket, aber noch um den Gruppensieg und eine bessere Ausgangslage für die Auslosung im nächsten Frühjahr. Erst dann entscheidet sich auch, in welchem der drei asiatischen Länder Deutschland seine Vorrunde bestreitet.

Patrick Reichardt, dpa