Den mühsam erkämpften EM-Auftaktsieg der deutschen Handballer hakte Bundestrainer Alfred Gislason mit all seiner Routine ab.
Unmittelbar nach dem 33:29 (17:18) gegen Belarus schüttelte der Isländer ein paar Hände, dann verschwand er vom Spielfeld in Bratislava. «Erstmal war es für uns unglaublich wichtig, dieses Spiel zu gewinnen und gut ins Turnier zu starten», sagte der 62-Jährige. Und allein das zählte am Ende: Zwei hart erarbeitete Punkte zum Start in die Europameisterschaft, egal wie sie zustande kamen.
Häfner: «Wir wussten nicht, wo wir stehen»
Auch der überragende Kai Häfner sprach angesichts der Probleme in der Anfangsphase von einem komplizierten Spiel. «Wir wussten nicht, wo wir stehen. Und wenn ich ehrlich bin, weiß ich das nach diesem Spiel auch noch nicht genau. Deshalb sind wir umso glücklicher, dass wir das Spiel gewinnen konnten», sagte der Rückraumspieler. Mit acht erzielten Toren war er gemeinsam mit Marcel Schiller bester Torschütze einer DHB-Auswahl, die noch Verbesserungspotenzial besitzt. Die nächste Chance dazu bietet sich im zweiten Vorrundenspiel am Sonntag (18.00 Uhr/ARD) gegen Österreich.
«Ich denke, wir können uns sehr steigern in der Abwehr und im Tor. Wir haben die Torhüter ziemlich viel alleine gelassen», sagte Gislason. Zu Beginn lief in Bratislava nämlich so gut wie nichts nach Plan. Anstatt den erfahrenen Andreas Wolff zu bringen, setzte Gislason im Tor zunächst auf Turnier-Neuling Till Klimpke – was sich alles andere als auszahlte. Der 23-Jährige von der HSG Wetzlar hielt in der Anfangsphase nicht einen Ball. «Man ist immer schlauer hinterher», sagte Gislason zu seiner Entscheidung.
Gislason muss früh reagieren
Nach einer frühen 2:1-Führung lag die DHB-Auswahl in der elften Minute plötzlich mit 2:7 zurück. Und Gislason reagierte prompt: Früher als geplant kam Wolff auf die Platte, auch der schwache Sebastian Heymann musste zunächst weichen. «Er kam nicht so richtig gut ins Spiel, die anderen aber auch nicht die erste Viertelstunde», sagte Gislason.
Dass etliche Neulinge im deutschen Kader ihr erstes EM-Spiel bestreiten würden, hatte schon vorher festgestanden. Wie sie sich im Ernstfall schlagen würden, zeigte sich dann erst auf dem Spielfeld. Erst nach den teils hochnervösen Anfangsminuten steigerte sich Gislasons Umbruch-Team. Mit den 2016-Europameistern Wolff und Julius Kühn gewann die DHB-Auswahl an Stabilität und Erfahrung. Das Ergebnis: Nach 21 Minuten lag sie mit 11:10 in Führung, zur Pause waren dann wieder die abgezockten Belarussen vorne. Das Spiel blieb eine Achterbahnfahrt.
Auch in der zweiten Hälfte wechselhaft
Torwart-Routinier Wolff steigerte sich immerhin ein wenig, seinen besten Tag erwischte aber auch der 30-Jährige nicht. Trotzdem wurde die DHB-Auswahl besser. Das lag zum einen daran, dass das gefürchtete Kreisläufer-Spiel der Belarussen über ihren Weltklasse-Spieler Artsem Karalek nicht mehr ganz so gut wie im ersten Durchgang funktionierte. Zum anderen verwertete das deutsche Team nun seine Chancen konsequenter.
Zumindest zunächst. Denn obwohl die Belarussen auch konditionell immer mehr abbauten, konnte sich Gislasons Team erst mal nicht deutlich absetzen. Der Isländer tigerte wie gewohnt am Seitenrand entlang, lud mal lautstark seinen Frust ab, mal kaute er nervös auf seinen Fingernägeln. Wirklich zur Ruhe fand der Trainer erst spät im Spiel. Dann setzte sich die DHB-Auswahl doch noch ab. Und am Ende stand verdient die Grundlage für den angepeilten Einzug in die Hauptrunde. Vor dem nächsten Spiel warnte Gislason aber sicherheitshalber schon mal. «Wir müssen genauso in das Spiel gegen Österreich gehen und alles geben, um das Spiel zu gewinnen. Wir haben nur zwei Punkte und mit zwei Punkten kann man auch rausfliegen.»