Stammcockpit statt Stammtisch: Hülkenbergs Rückkehr-Rausch

Seinen deutschen Stammtisch im Fürstentum Monaco hat Nico Hülkenberg mit seinem Formel-1-Comeback schon mal begeistert. «Sie sind alle sehr glücklich und freuen sich darüber», erzählte Hülkenberg der Deutschen Presse-Agentur vor seinem ersten Grand Prix nach 343 Tagen und der Rückeroberung eines Stammcockpits.

AS Monacos Fußball-Torwart Alexander Nübel gehört ebenso zu dieser Runde wie Tennisspieler Alexander Zverev oder auch Reality-Star Robert Geiss. Die Stammtischzeit dürfte für Hülkenberg in dieser Saison knapp werden. Denn der Rheinländer hat wieder einen Formel-1-Stammplatz – ausgerechnet beim US-Team Haas, das für ihn Mick Schumacher abservierte.

Formel 1 «wie Fahrrad fahren»

Auf diese Chance hatte Hülkenberg, der nach seinem Aus bei Renault Ende 2019 nur noch als Ersatzfahrer arbeitete, so lange gehofft. «Es ist wie Radfahren, das verlernst du auch nicht. Es ist dasselbe Prinzip», meinte Hülkenberg, der allerdings Autos bei weit mehr als 300 km/h zu bändigen hat. «Es geht darum, das Gefühl für den Wagen wieder zu bekommen. Je besser das wird, umso leistungsfähiger wirst du auch.»

So ganz weg aus der Formel 1 war Hülkenberg zuletzt ja nicht. Alleine zum Start der vergangenen Saison absolvierte er als Aushilfe für den Corona-erkrankten und mittlerweile zurückgetretenen Sebastian Vettel die Rennen in Bahrain und Saudi-Arabien. Am Ende fuhr er im schwachen Aston Martin auf Platz 17 und zwölf.

Steiner ambitioniert

Jetzt hat Hülkenberg aber wieder eines der begehrten Cockpits ganz für sich alleine. «Da wird es so richtig kribbeln, das ist ein so intensiver Moment», meinte der mittlerweile 35-Jährige vor dem Erlöschen der Roten Ampeln an diesem Sonntag (16.00 Uhr/MEZ/Sky) in Sakhir. «Es ist ein Rausch, der schwer zu beschreiben ist.»

Leicht zu benennen sind die Ziele des US-Rennstalls in dieser Saison. «Wir wollen um den sechsten Platz kämpfen», sagte Teamchef Günther Steiner. Damit wäre Haas so etwas wie «Best of the Rest» im Feld, was viele Millionen an Prämien einbringt.

In der vergangenen Saison reichte es mit der Fahrerpaarung Schumacher und Kevin Magnussen nur für Rang acht in der Konstrukteurswertung. 25 Punkte steuerte der Däne bei, zwölf der Deutsche. Zu wenig für Haas, dass Schumacher stets die beiden Totalschäden in Saudi-Arabien und Monaco vorhielt und ihn schließlich ausmusterte.

Das Renn-Feuer brennt wieder

Ein Routinier wie Hülkenberg, der nun der letzte deutsche Stammfahrer in der Formel 1 ist, soll weder den VF-23 schrotten noch Punktechancen liegen lassen. «Nico fordert die Ingenieure, weil er sie mit Informationen und Fragen löchert, das waren sie gar nicht mehr gewohnt», zeigte sich Steiner von Hülkenberg sehr angetan. Der Südtiroler, der mit Kritik nicht spart, fordert trotz der warmen Worte Leistung. Ab sofort und konstant.

Die Testkilometer des Deutschen, den Frau Egle und Töchterchen Noemi Sky so oft es geht auf der Welttournee begleiten sollen, waren in Bahrain vielversprechend. Ob es so weit reicht, dass Hülkenberg seinen unrühmlichen Rekord von 181 Rennen ohne Podiumsplatz pulverisieren kann, ist aber mehr als fraglich.

Ziemlich beste Freunde

Pikanterweise hat Haas nun eine Fahrerpaarung, die vorbelastet ist. 2017 beim Grand Prix in Ungarn gerieten Hülkenberg und Magnussen erst auf der Strecke, dann verbal aneinander. Der Däne sei «wieder einmal der unsportlichste Fahrer im Feld», ätzte der damalige Renault-Pilot während eines TV-Interviews über den schon damaligen Haas-Fahrer. Magnussen erwiderte das mit einer Beschimpfung unter der Gürtellinie.

Danach herrschte lange Funkstille zwischen den beiden Fahrern, die nach eigener Aussage eigentlich nie wirkliche Probleme miteinander hatten und durch ihre Vaterrollen auch reifer geworden sind. Dann kam die Fahrerparade vor dem Bahrain-Rennen 2022. Da hielt es Hülkenberg an der Zeit, das Eis zu brechen, er ging auf Magnussen zu und begrüßte ihn mit jenen Worten unter der Gürtellinie, die der Däne Jahre zuvor gewählt hatte. «Ich dachte, das wäre ganz lustig», meinte Hülkenberg grinsend. Magnussen habe das «ziemlich gemocht.»

Martin Moravec, dpa