Basketballer mit gutem WM-Start – Sorgen um Franz Wagner

Die Gefühlswelten der beiden Wagner-Brüder hätten nach dem starken WM-Start der deutschen Basketballer kaum weiter auseinander liegen können.

Topscorer Moritz schritt nach einem herausragenden Auftritt grinsend durch die weitläufigen Katakomben von Okinawa. «Jetzt lege ich mich erstmal in die Eistonne à la Per Mertesacker», scherzte der ältere der beiden Brüder, nachdem er mit 25 Punkten maßgeblich zum 81:63 über Gastgeber Japan beigetragen hatte. 

Sein Bruder Franz, der im vierten Viertel umgeknickt war, war da längst kommentarlos und mit grimmiger Miene in der Kabine der modernen Arena verschwunden. Zuvor hatte er sich auf der Ersatzbank konsterniert in die Haare gegriffen, auf Gespräche hatte er danach keine große Lust. «Ich habe es natürlich kurz versucht, aber er war in seinem Moment», schilderte Kapitän Dennis Schröder die gemeinsame Schlussphase auf der Bank.

Herbert: Wagner mit leicht verstauchtem Knöchel

Die Verletzung und ein drohender Ausfall des NBA-Stars von den Orlando Magic überschattete auch den erwarteten Pflichtsieg über chancenlose Japaner. Wagner habe einen leicht verstauchten Knöchel, berichtete Bundestrainer Gordon Herbert. Eine MRT-Untersuchung müsse mehr Klarheit bringen. Mehr als der Inhalt sagte aber Herberts Mimik aus. Mit versteinerter Miene und ernüchtert trug der 64 Jahre alte Kanadier seine Sätze vor. Und das nach einem ungefährdeten Sieg mit 18 Punkten Vorsprung.

Ein Ausfall von Franz Wagner an seinem 22. Geburtstag am Sonntag (10.30 Uhr/Magentasport) gegen Mitfavorit Australien würde die Ambitionen der Deutschen früh dämpfen. Wagner gilt neben Schröder (14 Punkte) als absoluter Schlüsselspieler des Teams, das in ähnlicher Zusammenstellung vor einem Jahr EM-Bronze gewann. Schröder sagte jüngst über Wagner: «Er wird in den nächsten Jahren in der NBA, aber auch bei der Nationalmannschaft das Gesicht komplett sein.» In den kommenden Stunden wird der Flügelspieler in Japan zunächst das Gesicht der Ungewissheit sein.

Dabei hatte der Auftakt sportlich Mut gemacht. Anders als bei der WM 2010 und der WM 2019 trotzten die Basketballer diesmal den Umständen – allen voran einem euphorischen japanischen Publikum. «Man merkt es an der Kultur, die sind total Basketball-begeistert. Ich genieße dieses Erlebnis total. Das ist eine coole Erfahrung», sagte Moritz Wagner. Der beste Punktesammler erhielt auch von Chefcoach Herbert ein Lob. «Letztes Jahr haben uns Moritz und Isaac Bonga gefehlt. Mo hat ein großes Spiel gemacht offensiv. Er hat sich schnell Selbstvertrauen erarbeitet», sagte der Kanadier.

Schröder mit Auftritt zufrieden

Auch NBA-Star Schröder war mit dem Auftritt seines Teams zufrieden. «Vor allem das erste Spiel ist immer sehr wichtig. Jetzt bereiten wir uns gut auf Australien vor», sagte der Point Guard der Toronto Raptors. «Wir müssen 40 Minuten Konstanz reinbringen, dann können wir einiges erreichen.»

6397 Zuschauer – fast alle in Japans Farben rot und weiß – hofften in der Okinawa Arena auf eine sportliche Sensation. Eine stimmungsvolle und farbenfrohe Eröffnungsfeier über 30 Minuten heizte dem Publikum genauso ein wie die japanischen Profis, die kurz vor Spielbeginn noch ein paar krachende Dunks beim Aufwärmen zeigten. Aus den Boxen dröhnten auch in Deutschland bekannte Klassiker wie DJ Ötzis «Anton aus Tirol». «Es ist geil», kommentierte Moritz Wagner die Stimmung. Mit lauten «Nippon»-Rufen trieben die Fans des Gastgebers ihre Mannschaft von Beginn an nach vorne, sie feierten jede gelungene Aktion.

Doch sportlich wurden die Unterschiede schnell deutlich. Deutschland nutzte seine Größen- und Athletikvorteile bestens und erspielte sich immer wieder gute Wurfpositionen. Unter dem Korb waren Daniel Theis und der von der Bank kommende Moritz Wagner nicht zu kontrollieren. Coach Herbert lag mit der frühen Einwechslung Wagners genau richtig. Die Japaner versuchten ihr Glück aus der Ferne, wurden aber immer weiter distanziert.

Das deutsche Team bewies das große Potenzial, das es in Testspielen gegen Kanada, Griechenland und die USA bereits angedeutet hatte. Getragen wurde das Herbert-Team mal wieder von den vier NBA-Säulen Schröder, Theis sowie den Wagners. Der erste Sieg bringt Sicherheit. «Jetzt haben wir uns Zeit gekauft», sagte Moritz Wagner. Zeit, die man bei einem möglichen Ausfall seines Bruders dringend gebrauchen kann.

Patrick Reichardt und Lars Reinefeld, dpa