Warum ein Baseball-Spieler 700 000 000 Dollar bekommt

Shohei Ohtani ist der wohl unbekannteste Superstar der Welt. Als der 29 Jahre alte Japaner an einem sonnigen und warmen Dezember-Tag in Los Angeles bei seiner Pressekonferenz auf das Podium steigt, sieht er im blauen Anzug mit blauer Krawatte aus wie der Absolvent einer der Elite-Universitäten der USA.

Die freundlichen Augen blicken allerdings nicht auf stolze Verwandte, sondern auf Reporter, Fotografen und mehr als 30 Kamerateams, die zu einem ordentlichen Teil aus dem Ausland kommen. «Mir wurde gesagt, es kommen nur die Medien. Mit so vielen Leuten habe ich nicht gerechnet», sagt er. 

Warum der Trubel? Ohtani ist nicht nur der beste Baseballspieler des Planeten – er ist seit dem Deal mit den Los Angeles Dodgers auch der erste Sportler mit einem Vertrag über 700 Millionen US-Dollar. Es ist ein Meilenstein im Profi-Sport. 

Ohtani – der perfekte Baseballer

Die Fußball-Superstars Lionel Messi, Cristiano Ronaldo und Kylian Mbappé, NFL-Quarterback Patrick Mahomes, NBA-Legende LeBron James, der Golfer Jon Rahm als Neuzugang der saudischen LIV-Tour – sie alle können bei dieser Summe nicht mithalten. Dass ausgerechnet Ohtani, der in Europa, Afrika und vielen weiteren Gegenden der Welt nahezu unbekannt ist, einen solchen Mega-Deal bekommen hat und nach Mehrheitsmeinung von Experten aus dem Sport und dem Marketing auch wehrt ist, hat mehrere Gründe. 

Der wichtigste: Der Japaner ist schlicht und einfach der beste Baseballspieler. «Shohei ist der wohl talentierteste Baseballer, der dieses Spiel je gespielt hat», sagt Andrew Friedman bei Ohtanis Vorstellung. Als President of Baseball Operations der Los Angeles Dodgers ist Friedman natürlich voreingenommen, schließlich hat er den Vertrag möglich gemacht. Doch Ohtani ist auch ganz objektiv der wertvollste Profi in der Major League Baseball – weil er nicht nur schlagen, sondern auch werfen und damit im Angriff und in der Abwehr für sein Team auf der entscheidenden Position spielen kann. Und: Er ist in beidem sehr, sehr gut. Wer ihn im Team hat, bekommt zwei Profis in einem, wenn er nicht – wie in der kommenden Saison – wegen einer Operation am Ellenbogen gerade nicht werfen darf.

Die Dodgers, die zu den Schwergewichten der MLB zählen, wollten Ohtani bereits verpflichten, als er in Japan mit der Schule fertig war. Als sich abzeichnete, dass er nach sechs Jahren bei den Los Angeles Angels und nach der zweiten Auszeichnung als wertvollster Spieler der Liga auf den Markt kommt, war klar: Um ihn in Süd-Kalifornien zu halten, braucht es einen Vertrag, wie es ihn im Baseball und dem Profi-Sport noch nie gegeben hat. Denn wenn eines wichtig ist im US-Sport, dann dies: Es geht um die Story, die sich erzählen lässt. Das bringt Geld. In der MLB verhandeln die Teams ihre nationalen TV-Verträge selbst, nur international läuft es gebündelt über die Liga. 

Großteil des Gehalts wird von 2034 bis 2043 ausgezahlt

Die Schockwellen, die die 700 Millionen US-Dollar nach Bekanntwerden aussandten, erinnerten an das Echo im Dezember 2000, als die Texas Rangers Alex Rodriguez für einen Zehnjahresvertrag 252 Millionen US-Dollar zahlten. Das war damals exakt das doppelte dessen, was die Minnesota Timberwolves dem Basketball-Profi Kevin Garnett in der NBA gaben – dem damaligen Rekord im Profi-Sport. 

Der Clou: Die 700 Millionen sind erst mal nur ein Label. Ohtani bekommt das Geld, das schon. Aber nicht jetzt und auch nicht in den kommenden zehn Jahren. Der Japaner einigte sich mit den Dodgers auf den Verzicht von jährlich 68 Millionen US-Dollar – die werden ihm von 2034 bis 2043 ausgezahlt. Sinn ergibt das für beide Parteien. Die Dodgers müssen weniger Luxussteuer bezahlen und können zudem erst mal Geld verdienen mit Ohtani. Wegen des enormen Werbewerts vor allem für japanische Firmen gibt es daran gar keinen Zweifel. In seiner Heimat ist Ohtani das, was LeBron James in den USA oder Kylian Mbappé in Frankreich ist. 

Ohtani wiederum verdient nach Informationen von US-Medien derzeit jährlich 50 Millionen US-Dollar allein durch Sponsorenverträge. Das Gehalt der Dodgers braucht er derzeit also wahrlich nicht für ein gutes Leben. Wenn er in zehn Jahren dann nicht mehr aktiv sein sollte, bekommt er durch die Dodger-Zahlungen weiter Millionen aufs Konto, spart sich bei einem Umzug womöglich die vergleichsweise hohe Einkommenssteuer in Kalifornien – und hat, durch den Spielraum seines Teams für teure Mitspieler, womöglich die eine oder andere Trophäe im Regal. 

Von Maximilian Haupt, dpa