Olympia, Trainer, Popp: Viele Fragen bei den DFB-Frauen

Eine verpasste Olympia-Qualifikation der deutschen Fußballerinnen wäre für den Deutschen Fußball-Bund ein weiteres Schreckensszenario. Vom Entscheidungsspiel gegen die Niederlande in Heerenveen am Mittwoch (20.45 Uhr/ZDF) hängt vieles ab für die Auswahl von Interims-Bundestrainer Horst Hrubesch.

Ein Aus für Paris, wie schon für die Sommerspiele von Tokio, könnte auch Rücktritte nach sich ziehen. Und die Trainerfrage müsste ganz schnell geklärt werden.

Wie stehen die Chancen in der Olympia-Qualifikation? 

Das Spiel um den dritten Platz der Nations League gegen das Oranje-Team ist die letzte Möglichkeit, noch das Ticket für die Olympischen Spiele  (26. Juli bis 11. August) zu lösen. «Wir sind uns der Situation sehr wohl bewusst, werden uns ordentlich darauf einstellen, sowohl physisch als auch emotional», sagt Abwehrchefin Marina Hegering. «Deutschland – Holland oder Holland – Deutschland ist immer ein ganz heißes Spiel – und das wird bei uns auch so sein.» Nach der 1:2-Niederlage gegen Frankreich am vergangenen Freitag in Lyon, als die erste Olympia-Chance vergeben wurde, stehen die DFB-Frauen gegen die WM-Zweiten von 2019 enorm unter Druck. 

Welche personellen Folgen hätte eine verpasste Olympia-Teilnahme?

Dann stünde das Team wohl vor einem Umbruch. Kapitänin Alexandra Popp hatte schon nach der EM 2022 sowie WM 2023 Rücktrittsgedanken geäußert. Ob die Wolfsburgerin, deren Vertrag beim VfL bis 2025 läuft, bis zur Europameisterschaft 2025 in der Schweiz weitermacht, gilt als fraglich. «Die Gedanken habe ich ja jetzt tatsächlich schon länger. Natürlich beschäftige ich mich mit dem Thema auch weiterhin ein Stück weit», sagte die 32-Jährige in einem Sky-Interview, betonte aber: «Es gibt da keine Entscheidung oder sonst irgendwas.» Auch die Zukunft ihrer Clubkolleginnen Hegering und Svenja Huth (beide 33) ist offen. Zur Ü30-Fraktion gehört auch Kathrin Hendrich (31).

Welche Folgen hätte eine verpasste Olympia-Teilnahme?

Nach dem WM-Debakel von Australien wäre das ein weiterer herber Rückschlag für den DFB. Die Olympia-Teilnahme sei «brutal wichtig», sagte Popp. Das Nationalteam gilt als Aushängeschild auch für die Bundesliga, die nach wie vor um verbesserte Bedingungen kämpft. Seit 2016 – Olympia-Gold in Rio de Janeiro – haben die zweimaligen Weltmeisterinnen und achtmaligen Europameisterinnen keinen Titel mehr gewonnen, auch wenn sie als EM-Zweite 2022 für einen Boom sorgten. Und in dieser Saison steht erstmals kein deutscher Club im Viertelfinale der Champions League.

Was ist mit der Nachfolge von Interims-Bundestrainer Horst Hrubesch? 

Der 72-Jährige hört auf, wenn die Spiele verpasst werden. Falls das deutsche Nationalteam in Paris dabei ist, wird Hrubesch es dort noch betreuen. Die neue DFB-Direktorin Nia Künzer sieht den Verband für alle Szenarien gewappnet, hat aber noch keinen neuen Bundestrainer oder eine neue Bundestrainerin präsentiert.

«Die Person muss einfach – doof gesagt – für diesen Posten auch blühen», sagte Popp zum Anforderungsprofil. Ob Mann oder Frau sei «völlig egal». Der Neue müsse mit einem «klaren Plan» kommen, was im vergangenen Jahr «ein Stück weit schon gefehlt» habe. Einen Wunschkandidaten hat sie natürlich auch. «Jürgen Klopp», sagte Popp im Sky-Interview über den scheidenden Starcoach des FC Liverpool lachend, «das würde ich feiern, muss ich sagen».

Mit einer süffisanten Bemerkung brachte die derzeit vereinslose Nationaltorhüterin Almuth Schult zuletzt einen Prominenten ins Gespräch: «Es gibt ja noch einen Trainer, der verpflichtet ist, beim DFB unter Vertrag steht. Wenn man gar niemand findet, vielleicht wird’s ja Hansi Flick», sagte die 33 Jahre alte Ex-Wolfsburgerin als ARD-Expertin. Flick war im vergangenen September als Männer-Bundestrainer freigestellt worden.

Wie groß ist der Handlungsdruck beim DFB?  

Gewaltig – falls es nichts mit der Teilnahme an den Sommerspielen wird. Der Hrubesch-Nachfolger würde auch keine Testspiele haben, denn schon am 5. März wird die EM-Qualifikation für die Schweiz 2025 ausgelost. Los geht es mit den ersten beiden Spieltagen vom 3. bis 9. April. Auch die Taktung danach ist eng: Bis zum 16. Juli, also nur zehn Tage vor dem Start der Olympischen Spiele, werden die Gruppenpartien beendet. So gesehen würde eine Olympia-Teilnahme mit Hrubesch bis dahin auf der Bank dem DFB viel Luft verschaffen.  

Von Ulrike John, dpa