Frodeno: «Ohne Zuschauer ist besser als gar kein Olympia»

Jan Frodeno weiß, wie sich ein Olympiasieg anfühlt. 2008 holte er Gold in Peking. 13 Jahre später ist er unter anderem auch noch dreimaliger Ironman-Weltmeister und der Superstar im Triathlon.

«Bei mir war es wirklich so, dass jemand den Schnelldurchlauf-Knopf im Leben gedrückt hat, mit dem alles viel, viel mehr und viel, viel schneller wurde», sagt er in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur am Rande der Vorbereitung auf sein «Tri battle royale» im Allgäu.

Fraage: Sie sind in Peking vor Zuschauern Olympiasieger geworden. Nun finden die Spiele ohne statt. Wie sollte man sich das vorstellen?

Frodeno: Das ist einfach schade für die Athletinnen und Athleten. Zuschauer sind die, die einen mit antreiben können. Ich war jüngst mit all den bisherigen Triathlon-Olympiasiegern bei einem Podcast und wir haben alle unisono beschrieben, dass es zu den schönsten Momenten zählt, alles, was da auf einen einprasselt, auch mit dem engsten Familienkreis teilen zu können. Ohne Zuschauer ist aber besser als gar kein Olympia. Es ist etwas, mit dem sich alle nun einfach auseinandersetzen müssen – ich beneide sie nicht darum.

Mindert oder schmälert es das Gefühl eines Olympiasieges?

Frodeno: Das schmälert auf gar keinen Fall einen Olympiasieg. Gerade jetzt ist es ja fast noch höher zu bewerten mit den schwierigen Bedingungen, die auch vorher schon herrschten. Auch, dass sich die Athleten nun ein Jahr später ja auf diesen einen Tag fokussieren müssen. Und einfallsreich in Sachen Feiern sind wir alle ja irgendwie auch immer: Irgendwas wird schon gehen und wenn es vor Ort nur eine Hotelzimmer-Party ist. Oder man feiert halt, wenn man zurück kommt.

Dieses Fokussieren auf einen Tag, diese Abhängigkeit von einer Veranstaltung, die normalerweise alle vier Jahre stattfindet. Dazu die Strukturen, dass der Sport weltweit praktisch von Olympia abhängt – halten Sie das alles weiterhin für zeitgemäß?

Frodeno: Für den Sportler ist es die Chance, einmalig in vier Jahren in den Olymp aufzusteigen oder nennen wir ihn mal: den Sport-Elite-Himmel. Das finde ich absolut zeitgemäß. Es ist das höchste sportliche Gut. Die Strukturen dahinter, ohne mich jetzt sportpolitisch all zu sehr reinhängen zu wollen, sind natürlich weniger zeitgemäß. Das sieht man ja immer wieder bei den verschiedenen Dramen, die sich im Hintergrund abspielen. Auch das Vereinssystem in Deutschland hat Vor- und Nachteile. Es ist sicherlich mit neuen Sportarten, die hinzukommen, an der Zeit, die Strukturen mindestens anzupassen, wenn nicht ganz zu überdenken. Und zu schauen, wie man das System der heutigen Zeit mehr angleichen kann, um effektiver zu sein. Es ist einfach nicht mehr wie vor 30 Jahren, dass man im Leichtathletik-Verein anfängt und sich dann dort hocharbeitet. Gerade die letzten zwei Jahre haben gezeigt, dass Vereinsleben flexibler gestaltet werden muss, um mehr jungen Sportlerinnen und Sportlern eine Chance zu geben.

Ihr eigener Triumph in Peking ist nun 13 Jahre her. Wie hat der Olympiasieg Ihr Leben rückblickend verändert?

Frodeno: Das war eine sehr spannende Phase, die persönlich sehr prägend war. Bei mir war es wirklich so, dass jemand den Schnelldurchlauf-Knopf im Leben gedrückt hat, mit dem alles viel, viel mehr und viel, viel schneller wurde. Man muss aber auch sagen, dass es eine Phase ist. Es ist aber auch wie mit allem: Es ist vergänglich. Natürlich trägt man diesen Titel immer, aber sportlicher Erfolg ist sehr temporär. Für mich ist es jetzt in meiner aktuellen sportlichen Situation die Legitimation. Es ist eine tolle Grundlage, das Sportlerdasein aufzubauen. Das hat bei mir ganz gut geklappt.

Zur Person: Jan Frodeno ist der einzige Triathlet, der Olympia-Gold und den Ironman-WM-Titel holte. Der dreifache Champion wird am 18. August 40 Jahre alt, seine Frau Emma war 2008 in Peking ebenfalls im Triathlon in Peking Olympiasiegerin geworden. Sie leben vor allem im spanischen Girona. An diesem Sonntag will Frodeno bei einem privat organisierten Rennen mit nur einem Kontrahenten seine eigene Weltbestzeit knacken.

Interview: Jens Marx, dpa