«Demontiert sich selbst»: Härteste Phase für Eisenbichler

«Demontiert sich selbst»: Härteste Phase für Eisenbichler

Gerade kommt es für Markus Eisenbichler knüppeldick. Während das Weltcup-Team um seinen Freund Karl Geiger voller Vorfreude in die Weihnachtswoche startet, muss sich der sechsmalige Skisprung-Weltmeister mit seiner Rolle als Reservist anfreunden.

Geiger, Andreas Wellinger und Pius Paschke haben ernsthafte Chancen auf den ersten deutschen Vierschanzentournee-Sieg seit 2002. Das gilt für den 32 Jahre alten Eisenbichler nicht, denn er kann derzeit selbst im zweitklassigen Continental Cup nicht mithalten.

Als wäre die sportliche Krise nicht herausfordernd genug, bekommt es der begabte Flieger aus dem bayerischen Siegsdorf kurz vor dem Fest der Liebe auch noch verbal ab. Bundestrainer Stefan Horngacher äußerte am Wochenende in Engelberg erstaunlich deutlich, was er von Eisenbichlers Entwicklung hält. 

«Dass er so überhaupt nichts zusammenbringt, ist für mich unverständlich», sagte Horngacher, der jahrelang auf Eisenbichler als Leistungsträger zählen konnte. Das ist im laufenden Winter überhaupt nicht so. «Er überspielt oft viele Dinge. Wir müssen mal reden, wo die Reise hingeht. Leistung zählt, das ist einfach so. Es ist egal, wie viele Medaillen du zu Hause hängen hast.» Horngacher stellte dem Routinier keine Rückkehr in Aussicht, auch öffentliche Worte der Aufmunterung und Wertschätzung suchte man vergeblich.

Debatten über die Ausbildung

Eisenbichlers Einbruch kommt relativ unerwartet. Noch im Herbst war er mit seinem aggressiven Sprungstil einer der Hoffnungsträger im deutschen Team. Die deutsche Skisprung-Legende Sven Hannawald reagiert mit Unverständnis. «Ich verstehe von außen wirklich nicht, wo das Problem ist und warum er sich so selbst demontiert. Er kackt im Wettkampf ab. Das sind persönliche Dinge, bei denen man von außen viele Fragezeichen hat», sagte Hannawald der Deutschen Presse-Agentur.

Bei vier Springen im Continental Cup kam Eisenbichler zuletzt auf die Plätze 14, 23, 16 und 26. Für Horngacher ist dies die Folge diverser Schwierigkeiten. «Er hat im Sommer ein bisschen zu viele Probleme gehabt: Mit seinem Knie, er war immer wieder verletzt, auch mit seiner Ausbildung. Davon haben wir ihm auch abgeraten, das muss auch nicht unbedingt sein. Das wollte er unbedingt durchziehen.» 

Eisenbichler habe sich ein paar Freiheiten herausgenommen. «Wahrscheinlich hat er auch ein paar Fehler gemacht», stellte Horngacher kritisch fest. Eisenbichler ist bei der Bundespolizei.

«In seiner eigenen Welt»

Sportlich fällt Eisenbichlers Fehlen derzeit kaum auf. Karl Geiger musste sich einen neuen Zimmerpartner suchen, die teaminterne Schafkopf-Runde wird ohne Profis wie Eisenbichler immer schwieriger. «Wir haben viel Kontakt tatsächlich, schreiben immer wieder einiges und telefonieren. Man ist nicht nur Zimmerkollege, da entwickelt sich auch eine Freundschaft über die Jahre», sagte Geiger, der nun mit Youngster Philipp Raimund das Zimmer teilt. 

Dass Eisenbichler schnell ins A-Team zurückkehrt, ist nicht zu erwarten. Der teilweise etwas unberechenbare Bayer sprach schon vor seiner Krise offen über Gedanken an ein Karriereende. «Ich glaube, für Markus kommt es ganz speziell auf den Charakter an und wie er mit der Situation umgeht. Er ist schon immer in seiner eigenen Welt gewesen, von daher ist er nicht vergleichbar», sagte Hannawald.

Patrick Reichardt und Thomas Eßer, dpa