Durch Verwarnung: Ringer Stäbler verliert in Tokio

Durch Verwarnung: Ringer Stäbler verliert in Tokio

Frank Stäbler sank erschöpft auf die Matte und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Der Gold-Traum des dreimaligen Ringer-Weltmeisters ist bei den Olympischen Spielen in Tokio auf dramatische Art und Weise geplatzt.

Das Viertelfinal-Duell des Musbergers mit dem Iraner Mohammad Reza Geraei am Dienstag endete 5:5. Da Stäbler in der Schlussphase des von beiden Seiten hitzig geführten Kampfes aber eine Verwarnung wegen Trikotziehens und so die letzten zwei Punkte gegen sich kassierte, war sein Gegner der Sieger.

Hoffen auf Hoffnungsrunde

Stäbler muss nun hoffen, dass Geraei das Finale erreicht. Nur dann dürfte der 32-Jährige im letzten Turnier seiner Karriere in der Hoffnungsrunde der Gewichtsklasse bis 67 Kilogramm weitermachen und hätte über diese am Mittwoch zumindest noch die Chance auf Bronze und einen würdigen Abschluss seiner Laufbahn. Verliert Geraei jedoch gegen den Georgier Ramaz Zoidze, ist Stäbler draußen und seine Karriere sofort zu Ende – ohne die ersehnte olympische Medaille.

«Egal, was passiert: Die Geschichte ist geschrieben. Ich bin der einzige Kämpfer der Welt, der in drei verschiedenen Gewichtsklassen Weltmeister wurde. Dazu war ich zweimal Europameister», hatte Stäbler im Vorfeld der Spiele in Japan betont. Und doch fühlte er sich trotz seiner vielen Erfolge in gewisser Weise unvollendet. «Das letzte Mosaiksteinchen fehlt noch», sagte er – und meinte damit Edelmetall bei Olympia. Er habe sein «ganzes Leben darauf ausgerichtet», sagte der Schwabe. Seit Jahren kämpft er um eine Medaille auf der größten Bühne des Sports. Schon zweimal verpasste er sie unglücklich.

2012 in London verlor Stäbler seinen Bronze-Kampf gegen den Georgier Manuchar Tschadaia und wurde Fünfter. 2016 in Rio de Janeiro schied der Griechisch-römisch-Athlet gehandicapt von einer Fußverletzung im Viertelfinale aus und verlor anschließend auch in der Hoffnungsrunde. Und nun in Tokio diese bittere und unnötige Verwarnung im Duell mit Geraei. Olympia und Stäbler: es will bisher nicht zusammenpassen.

Rückschläge vor Abschiedsvorstellung

Womöglich war die Vorbereitung des deutschen Topringers auf seine große Abschiedsvorstellung auch von zu vielen Rückschlägen geprägt. Schon seit längerer Zeit kämpft er mit den Folgen einer Schultereckgelenksprengung, die ihm gerade die Abwehrarbeit am Boden erschwert. Dazu infizierte er sich vergangenen Herbst mit dem Coronavirus und erlebte einen Leistungseinbruch. «Das Thema habe ich komplett überstanden und hinter mir gelassen», sagte Stäbler, der seitdem auf eine spezielle Atemtherapie setzt, vor seiner Abreise nach Tokio zwar. In der Summe kam ihm und vor allem seinem Körper die Verlegung der Spiele um ein Jahr aber sicher nicht entgegen.

Da sein Normalgewicht rund 75 Kilogramm beträgt, musste Stäbler für das Event in Japan zudem acht Kilogramm abnehmen – eine Tortur, die sich über Wochen erstreckte. Und die er diesmal vielleicht nicht so gut wegsteckte. «Er wirkte hinten raus etwas müde», sagte der Sportdirektor des Deutschen Ringer-Bunds (DRB), Jannis Zamanduridis, nach dem verlorenen Viertelfinale. Ab sofort heißt es für Stäbler: Daumendrücken für Geraei. Und dann womöglich nochmal neue Kraft tanken. Für einen möglichen letzten Angriff auf die Olympia-Medaille.

Von Christoph Lother, dpa