Europa-Reise vor dem Ende: Neapel entzaubert die Eintracht

Europa-Reise vor dem Ende: Neapel entzaubert die Eintracht

Kevin Trapp und Co. stapften nach der Lehrstunde gegen Neapel enttäuscht über den Rasen, von den Rängen gab es ein wenig Aufmunterung durch die stimmgewaltigen Frankfurter Fans.

«Auswärtssieg, Auswärtssieg», skandierte der Anhang, nachdem die Eintracht auf ihrer phänomenalen Europa-Reise entzaubert worden war und nun vor dem Aus im Achtelfinale der Champions League steht.

Der Europa-League-Sieger verlor gegen den groß aufspielenden Serie-A-Spitzenreiter SSC Neapel das Hinspiel 0:2 (0:1) und benötigt im Rückspiel am 15. März schon einen Gala-Auftritt, um das Weiterkommen noch zu schaffen. Die erst zweite Heimniederlage unter Trainer Oliver Glasner auf europäischer Bühne sorgte bei den Hessen für große Ernüchterung.

Der einst in Wolfsburg durchgefallene Stürmerstar Victor Osimhen (40.) und Giovanni di Lorenzo (65.) schossen vor 47.500 Zuschauern den hochverdienten Sieg für die Neapolitaner heraus. Dabei verhinderte Nationaltorhüter Kevin Trapp mit einem gehaltenen Elfmeter gegen Chwitscha Kwarazchelia (36.) und vielen Paraden noch eine höhere Niederlage. Zu allem Überfluss sah WM-Star Randal Kolo Muani auch noch wegen eines rüden Einsteigens die Rote Karte (58.).

Götze über Rote Karte: «Für uns war das ein Killer»

«Wir haben alles versucht. Der Spielverlauf war sehr ungünstig für uns, auch mit der Roten Karte. Für uns war das ein Killer. In den ersten Minuten haben wir es nicht schlecht gemacht, am Ende haben sie es gut gespielt», sagte Ex-Weltmeister Mario Götze bei Amazon Prime und gab die Hoffnung nicht auf: «Wir haben noch ein zweites Spiel. Sie haben bei uns zwei Tore geschossen, warum sollten wir das nicht auch schaffen.»

Ähnlich sah es Trainer Glasner: «Heute waren wir der verdiente Verlierer. Wir stecken die Köpfe nicht in den Sand. Wir werden nicht mit der weißen Fahne in Neapel einlaufen. Im Fußball ist vieles möglich. Heute tut es weh. Wir haben viele Fehler gemacht. Daraus müssen wir lernen», sagte der Österreicher.

Gänsehaut-Atmosphäre herrschte in der stimmungsvollen Frankfurter Arena gegen die «große Nummer» aus Italien (Oliver Glasner). Und mit der Wucht des eigenen Publikums ging die Eintracht die Aufgabe gegen den souveränen Spitzenreiter der Serie A – 15 Punkte Vorsprung auf Inter Mailand – auch an. Daichi Kamada mit einem abgeblockten Schuss und Kolo Muani aus halbrechter Position (jeweils 5.) ließen gleich mal den Geräuschpegel weiter in die Höhe schnellen.

Napoli übernimmt schon früh das Kommando

Der einstige Club von Diego Maradona ließ sich aber nur gut eine Viertelstunde von der Kulisse beeindrucken, dann übernahm Napoli das Kommando und zeigte, warum es die offensivstärkste Mannschaft der Königsklasse und der Serie A ist. Angeführt vom feinen Techniker Kwarazchelia und dem wuchtigen Stürmer Osimhen sorgten die Süditaliener, die in dieser Saison bereits die Topclubs FC Liverpool (4:1), Ajax Amsterdam (6:1) und Juventus Turin (5:1) auseinander genommen hatten, mit einem dominanten Auftritt für mächtig Wirbel.

Nach einer scharfen Ecke von Piotr Zielinski musste Trapp erstmals eingreifen (18.), kurz darauf wurde der viel beschäftigte Nationalkeeper von Kwarazchelia (19.) geprüft. Der Druck nahm minütlich zu, das konnte nicht gut gehen. Nach gut einer halben Stunde wackelte die Eintracht bedenklich. Hirving Lozano setzte den Ball an den Pfosten (34.), beim Abpraller war Osimhen gedankenschneller und wurde von Aurelio Buta an der Strafraumgrenze gefoult.

Trapp bewahrt Eintracht vor höherer Niederlage

Doch Trapp, der Held von Sevilla, zeigte wieder seine Qualitäten, als er den Elfmeter von Kwarazchelia parierte (36.). Es war bereits der sechste Strafstoß, den Trapp auf internationaler Bühne parierte.

Die Freude währte aber nur kurz. Nach einem Fehlpass von Götze war es dann doch passiert. Der schnelle Lozano bediente Osimhen, der zur Führung einschoss. Und wäre der Nigerianer nicht zwei Minuten später im Abseits gewesen, die Eintracht hätte schon deutlich zurückgelegen. Kaum zu glauben, dass Osimhen zwischen 2017 und 2018 beim VfL Wolfsburg gefloppt war und damals nicht einen Treffer erzielt hatte. Inzwischen ist sein Marktwert in den dreistelligen Millionenbereich geschnellt. «Das darf nicht passieren. In der Situation darf man keine leichten Fehler machen», gestand Götze seinen Fehler ein.

Die Frankfurter Abwehr, die von Kristijan Jakic als Abwehrchef dirigiert wurde, hatte jedenfalls viel zu tun. Für Kapitän Sebastian Rode hatte es nach einer Grippe nicht für die Startelf gereicht.

Auch im zweiten Durchgang drängte die Mannschaft von Luciano Spalletti die Eintracht in die eigene Hälfte zurück, doch Trapp hielt, was es zu halten gab. Erst gegen Lozano (54.), dann großartig gegen den freistehenden Kwarazchelia (56.). Und das Unterfangen wurden noch schwerer, als Kolo Muani vom Platz gestellt wurde. Der Franzose kam einen Schritt zu spät und traf Zambo Anguissa mit offener Sohle am Knöchel. So fiel der zweite Gegentreffer fast zwangsläufig. Per Hacke bediente Kwarazchelia seinen Kapitän di Lorenzo, der unhaltbar für Trapp einschoss.

Andreas Schirmer, Eric Dobias und Stefan Tabeling, dpa