Köhler im 1500-Meter-Freistil-Finale

Köhler im 1500-Meter-Freistil-Finale

Der Gedanke an ihren ersten olympischen Endlauf zauberte Vize-Weltmeisterin Sarah Köhler ein Lächeln ins Gesicht.

«Im Finale werden die Karten neu gemischt», sagte die gut gelaunte 27-Jährige. Als Vorlauf-Sechste löste sie sicher das dritte Final-Ticket eines deutschen Schwimmers in Tokio, muss sich aber für eine bessere Platzierung im entscheidenden Rennen weiter steigern. «Natürlich bleibt immer noch der Traum von der olympischen Medaille», sagte die Verlobte von Florian Wellbrock.

Bejubelt vom deutschen Team auf der Tribüne des Tokyo Aquatics Centre vergrößerten die 15:52,67 Minuten rund vier Sekunden über ihrer Bestzeit die Hoffnungen auf das Ende der Medaillenflaute deutscher Schwimmer zunächst nicht weiter. Bevor Köhler am Mittwoch (4.54 Uhr) um Olympia-Meriten kämpft, könnte Doppel-Weltmeister Wellbrock die Zuversicht auf das erste Edelmetall eines deutschen Beckenschwimmers seit 2008 vergrößern. Der 23-Jährige springt am Dienstag (13.40 Uhr) im Vorlauf über 800 Meter Freistil erstmals in Tokio vom Wettkampf-Startblock.

«Spaß» im Vorlauf

Wellbrocks Freundin hatte in ihrem Vorlauf «Spaß», wenngleich sie in der ersten Analyse gleich ein Manko herausarbeitete. «Ich war heute ein bisschen hektisch im Wasser», sagte Köhler. «Da muss ich fürs Finale ein bisschen Ruhe reinbringen und dann hoffe ich, dass es nochmal schneller wird.» Sie lag 17,32 Sekunden hinter der Vorlaufschnellsten Katie Ledecky aus den USA. Rund neun Stunden zuvor hatte die fünfmalige Olympiasiegerin über 400 Meter Freistil erstmals bei einem Sommerspiel-Einzelrennen nicht als Erste angeschlagen.

Der Titel ging da in einem atemberaubenden 400-Meter-Finale an Ariarne Titmus aus Australien. Klar hinter den beiden genoss die erst 19-jährige Isabel Gose bei ihrem respektablem sechsten Rang als schnellste Europäerin ein «wahnsinniges Gefühl». «Das war schon ein ganz schöner Nervenkitzel», sagte die Magdeburgerin, die im Vorlauf deutschen Rekord geschwommen war. Zugabe für sie war am Montag der Halbfinaleinzug über 200 Meter Freistil.

Nach Goses Olympia-Kribbeln wollen Köhler im Endlauf am Mittwoch sowie einen Tag zuvor Wellbrock und Ex-Weltmeister Marco Koch den Sommerspiele-Thrill spüren. WM-Champion Wellbrock ist «sehr froh», dass er endlich vom Startblock springen kann. «Wir verkaufen uns bis jetzt als gesamtes Team Deutschland ganz gut», sagte der 23-Jährige. Er will selbst dafür sorgen, dass es noch besser läuft. Im Idealfall ist die ersehnte erste Beckenmedaille seit Doppel-Gold von Britta Steffen 2008 drin.

Steffen schaut genau zu

Die 37-jährige Steffen schaut bei Köhler besonders genau hin, mit der sie «aus alter Zeit» verbunden ist. «Ich habe ihr meine Unterstützung angeboten, da es mir damals half, mich mit Ehemaligen auszutauschen und den Erfolgsdruck zu besprechen», sagte Steffen und gab Köhler mit Blick auf die eigene Geschichte folgenden Ratschlag mit auf die 50-Meter-Bahn. «Mach deins, konzentriere dich auf deine Bahn, deine Taktik und erfüll‘ deine Möglichkeiten, unabhängig von den Ansprüchen der anderen um dich herum.»

Köhler bezeichnet Steffen als «gute Freundin» und «wahnsinnige Persönlichkeit» und hofft in Tokio auf eine überraschende Medaille. «Ich lege viel Wert auf ihren Rat, da sie viele Dinge sehr neutral sehen kann, immer ein offenes Ohr hat und eine unglaubliche Ruhe ausstrahlt», sagte Köhler der Deutschen Presse-Agentur.

Die Ruhe eines Champions demonstrierte Großbritanniens Brustschwimm-König Adam Peaty in Tokio einmal mehr. Sein ungefährdeter Sieg über 100 Meter zementierte die Ausnahmestellung des Olympiasiegers von Rio de Janeiro. Über 4 x 100 Meter Freistil gewannen die Amerikaner, Deutschland war im Vorlauf als 16. gescheitert.

Eine Runde weiter kam am Montag außer Gose noch Annika Bruhn. Für die beiden Freistilfrauen steht in der Nacht zum Dienstag (MESZ) das Halbfinale über 200 Meter Freistil an. Dagegen schied der deutsche Rekordhalter David Thomasberger über 200 Meter Schmetterling eine Sekunde über seiner Bestzeit als 17. aus.

Von Christian Kunz und Thomas Eßer, dpa