Königinnendisziplin: Mihambo verteidigt Titel im Weitsprung

Königinnendisziplin: Mihambo verteidigt Titel im Weitsprung

EM-Gold, WM-Gold, Olympia-Gold, WM-Gold – seit nun vier Großereignissen in der Leichtathletik liefert Malaika Mihambo ab. Der besten Weitspringerin der Welt geht es dabei inzwischen weniger um Titel als eine ganz andere Frage.

«Titel ist Titel. Von daher freue ich mich, dass mir das gelungen ist», betonte die beste Weitspringerin der Welt am Sonntagabend (Ortszeit) nach ihrem Satz auf 7,12 Meter und dem einzigen WM-Triumph für das deutsche Team. «Ich wollte nur sagen, dass ich gerne mehr gebe und mich verbessere und mehr zeigen kann von dem, was ich drauf habe – unabhängig davon, ob ich den Titel hole oder nicht.»

Mihambo verteidigt ihren WM-Titel

Einer der zentralen Sätze ihrer Bilanz nach der ersten Leichtathletik-WM in den USA war zuvor: «Für mich geht es schon lange eigentlich nicht mehr um Titel. Ich versuche immer, diesen äußeren Wettkampf zu nehmen, um zu schauen, wie ich mich innerlich weiterentwickelt habe und sehe das Ganze als innere Meisterschaft, die ich verbessern kann und an mir arbeiten kann.» Und deswegen war sie trotz Gold angesichts der nur um einen Zentimeter verpassten Weltjahresbestleistung eben nicht restlos glücklich mit der Ausbeute.

Allerdings: Dass sie sich durchsetzen konnte gegen Ese Brume aus Nigeria, die mit 7,02 Metern Silber holte, und Leticia Oro Melo aus Brasilien, deren erster und einziger Sprung mit 6,89 Metern für Bronze reichte, das hatte dann doch eine besondere Bedeutung für Mihambo. Weltmeisterin zu werden sei schon schwer genug. Den Titel dann aber auch noch zu verteidigen, das nannte sie «die Königinnendisziplin. Das zu schaffen, macht mich sehr glücklich und dankbar.» Gelungen war dies zuvor nur der Amerikanerin Jackie Joyner-Kersee sowie sogar zweimal der insgesamt viermaligen Titelträgerin Brittney Reese, ebenfalls aus den USA.

Letzter Versuch bringt die Siegesweite

Und auch wie sie nach zwei ungültigen Sprüngen zum Auftakt und dem drohenden Aus die Ruhe bewahrt und mit einem Satz auf 6,98 Meter erst die drei weiteren Sprünge der besten Acht klargemacht hatte, befriedigte die 28-Jährige von der LG Kurpfalz. «Ich habe auch deswegen so viel gewinnen können in meiner Karriere, weil ich schon oft in solchen Situationen stand und weiß, dass der Wettkampf erst nach dem letzten Sprung vorbei ist», sagte sie. «Ich stand heute wieder sehr unter Druck, aber war mir sehr sicher, dass ich das schaffen kann.» Im vierten Sprung gelang ihr schon ein Satz auf 7,09 Meter, mit dem sie die Führung übernahm. Der letzte Versuch brachte dann die Siegesweite – wie vor einem Jahr in Tokio. Dort bedeutete allerdings erst dieser Versuch auch Gold vor Reese.

Nach Bronze für die 4×100-Meter-Staffel der Frauen war Mihambos Titel der erst zweite Podestplatz für den Deutschen Leichtathletik-Verband. Als zweifache Weltmeisterin zieht die 28-Jährige mit ihrem Vorbild Heike Drechsler gleich, die 1983 und 1993 WM-Gold holte. «Es ist schön, wenn neben dem offensichtlichen auch noch geschichtlicher Ruhm dahintersteckt. Aber das ist für mich kein Ansporn», sagte Mihambo. «Ich habe nicht den Ansporn, die beste Weitspringerin der Welt zu werden. Ich versuche einfach, meinen Weg zu gehen, und freue mich über jeden Erfolg, den ich auf dem Weg dahin mitnehmen kann.»

Nach der WM ist vor der EM

Auch für die anstehende EM in München vom 15. bis 21. August ist sie Hoffnungsträgerin und will dafür auf eine Feier im US-Bundesstaat Oregon verzichten. «Eine große Party brauche ich heute nicht. Es gibt noch die Europameisterschaften, danach sieht es anders aus. Da kann man einen schönen Abend dann auch mal mitnehmen. Aber ich bin jemand, solange noch Arbeit zu tun ist, kann ich auch die Füße stillhalten», erklärte Mihambo.

Den Verband und die deutschen Fans wird es freuen – dabei geht es ihr wohl auch damit weniger um den Titel als den eigenen Fortschritt: «Weiter zu springen ist auch etwas, das mich antreibt, weil ich einfach sehr daran interessiert bin, zu wissen, wie weit ich denn springen kann am Ende meiner Karriere.» 7,30 Meter wie vor drei Jahren bei der WM in Doha waren es in Eugene nicht, aber im entscheidenden Moment war Mihambo auch diesmal die Beste der Welt.

Von Maximilian Haupt und Andreas Schirmer, dpa