«Komplett leer gefahren»: Geschke beendet Tour der Leiden

«Komplett leer gefahren»: Geschke beendet Tour der Leiden

Entkräftet kletterte Simon Geschke aus dem Begleitwagen, machte mit einem Fan noch ein Selfie, dann verabschiedete sich der Altstar von der 110. Tour de France.

Aus und vorbei – seine womöglich letzte Reise beim größten Radrennen der Welt endet nicht in Paris, stattdessen geht es für den gebürtigen Berliner bereits am Freitag auf die Heimreise. Geplagt von Magenproblemen beendete Geschke auf der 18. Etappe, die Kasper Asgreen zur Fortsetzung der dänischen Festspiele nutzte, 73 Kilometer vor dem Ziel in Bourg-en-Bresse seine persönliche Tour der Leiden. 

«Mir geht es nicht so gut. Ich konnte einfach nichts mehr essen», sagte Geschke und fügte hinzu: «Bei mir ist es eine Magensache.» Im Zielbereich hatte er sein Trikot schon gegen ein knallrotes Trainingsshirt gewechselt.

«Hatte keine Reserven mehr»

Bei der kräftezehrenden Alpen-Etappe am Vortag habe er sich zu sehr verausgabt, erklärte Geschke. «Ich war am Berg der vierten Kategorie allein. Nochmal 80 Kilometer allein vor allem nach dem Tag gestern, wo ich komplett leer war, da hatte ich einfach keine Reserven mehr.»

Der 28 Jahre alten Asgreen sorgte mit seinem Sieg nach 184,9 Kilometern als Teil einer Fluchtgruppe vor dem Niederländer Pascal Eenkhorn und Norweger Jonas Abrahamsen für die nächste Party der Dänen. Es war der dritte Etappensieg in diesem Jahr nach Mads Pedersen und Jonas Vingegaard. «Der Sieg bedeutet mir sehr viel. Ich hatte ein hartes letztes Jahr mit dem Sturz bei der Tour de Suisse. Ich widme den Sieg den Leuten, die mir da geholfen haben», sagte Asgreen. In der letzten Woche der Rundfahrt könne auch eine kleine Gruppe gegen die Sprinter durchkommen, schob er hinterher.

Eigentlich war ein Massensprint erwartet worden. Philipsen verpasste seinen fünften Etappensieg. Der Belgier versuchte zwar noch wenige Meter vor dem Ziel einen Angriff auf die Spitzengruppe, rollte in Bourg-en-Bresse aber als Vierter durch das Ziel. Damit zog der 25-Jährige zunächst nicht mit Marcel Kittel gleich, der 2017 zuletzt fünf Tagessiege gefeiert hatte. 

Geschke nur Zuschauer in Paris

Den Schlussakt in Paris wird Geschke nur als Zuschauer verfolgen. Die Aufgabe wirkte nach seinen gesundheitlichen Beschwerden folgerichtig. Der Freiburger kam am Vortag völlig entkräftet ins Ziel auf 2003 Metern Höhe in Courchevel. Nur 80 Sekunden retteten ihn vor dem Zeitlimit. Geschke hatte sich danach auf dem Weg ins Hotel übergeben und litt unter Schüttelfrost. 

Von den sieben deutschen Profis sind damit nur noch fünf im Rennen. Am Mittwoch hatte Phil Bauhaus, der bisher auf den Sprint-Etappen drei Podium-Platzierungen feierte, entkräftet aufgegeben. «Die Tour war brutal schwer dieses Jahr. Ich wäre gerne mit ihm zusammen in Paris angekommen», sagte Teamkollege Nikias Arndt. 

An der Spitze der Gesamtwertung änderte sich wie erwartet nichts. Der dänische Titelverteidiger Jonas Vingegaard liegt nach seinen starken Leistungen in den Alpen weiter 7:35 Minuten vor seinem Rivalen Tadej Pogacar. Der Tour-Sieg ist dem 26-Jährigen bei drei verbleibenden Etappen bis Paris wohl nur bei einem Sturz noch zu nehmen. 

Nach der Vorentscheidung plant Vingegaards Heimatort Glyngöre die große Party: «Breaking News! Die Feier von Jonas Vingegaard in Glyngöre findet am Donnerstag, 27.7.23, statt! Programm folgt später!», hieß es am Donnerstag in einer Facebook-Gruppe der jütländischen Ortschaft. 

Vingegaard-Kollege verlässt Rundfahrt vorzeitig

Vingegaard-Kollege Wout van Aert wäre am Donnerstag auch ein aussichtsreicher Kandidat für den Tagessieg gewesen. Allerdings ging der Belgier gar nicht erst an den Start. Der Helfer von Vingegaard verließ die Rundfahrt vor dem 18. Teilstück. Der Grund: Seine Frau Sarah erwartet das zweite Kind.  

Am Freitag hoffen die Ausreißer bei der 19. Etappe auf ihre letzte Chance. Für die Radprofis geht es im Jura-Gebirge auf die hügeligen 172,8 Kilometer zwischen Moirans-en-Montagne und Poligny. Zum Ende des Teilstücks wartet eine lange Gerade auf die Fahrer. Dem deutschen Bergspezialisten Georg Zimmermann liegen solche Strecken. Allerdings sind die Kraftreserven der Profis nach bald drei Wochen Tour fast aufgebraucht. Am Samstag steht noch eine anspruchsvolle Gebirgsetappe in den Vogesen an.

Felix Schröder und Tom Bachmann, dpa