Paarläufer Hase/Wolodin greifen nach EM-Gold

Paarläufer Hase/Wolodin greifen nach EM-Gold

Bei den Europameisterschaften in Litauen kann die Deutsche Eislauf-Union auf den größten Erfolg seit mehr als einem Jahrzehnt hoffen. Nach ihrem atemberaubenden Aufstieg in die Paarlauf-Weltklasse mit ihrem Grand-Prix-Finalsieg sind Minerva Hase und Nikita Wolodin bei der EM in Kaunas von Mittwoch an die Titelfavoriten.

Die Vorjahres-Dritten Annika Hocke/Robert Kunkel gehen verletzungsbedingt mit reduzierter Medaillenchance an den Start. Es könnte der Anfang einer neuen Erfolgsära werden. Wegen der prekären finanziellen Situation des Verbandes ruhen diese Hoffnungen aber auf dünnem Eis.

Leere Kassen

DEU-Sportdirektorin Claudia Pfeifer wähnt sich durch die Erfolge der beiden Berliner Paare mit Blick auf die Olympischen Winterspiele 2026 in Mailand und Cortina d’Ampezzo wieder aussichtsreich im Rennen. Um olympische Medaillen ins Visier zu nehmen, braucht es in dieser kostspieligen Sportart aber Geld, das fehlt. Die Halbierung des Fördergeldes des Bundes nach dem Olympia-Debakel 2021 in Peking ohne Top-Ten-Plätze sorgte für Ebbe in der Verbandskasse und Not bei den Eiskunstläufern.

Während Hase/Wolodin das Glück des Erfolges auskosten und ökonomische Fragen bisher zurückstellten, beklagten sich Hocke/Kunkel öffentlich über die Finanz-Misere. Das Paar trainiert seit 2022 in Italien. Das kostet jährlich 35.000 bis 45.000 Euro, zahlte sich aber mit EM-Bronze aus. Anhand ihrer Ergebnisse könne man «objektiv belegen, weshalb Bergamo der bessere Standort für uns ist», sagte Kunkel.

Mittels einer Nachbewilligung von 250.000 Euro durch den Bund konnte ihnen und anderen Läuferinnen und Läufern etwas aus der Bredouille geholfen werden. «Der Frustpegel war auf Verbandsseite und bei den Athleten hoch», berichtete Pfeifer und betonte: «Der Zuschlag hilft nicht langfristig, sondern nur bis zum Frühjahr.»

Die Fördermittel für die Sportverbände gelten für einen Olympia-Zyklus und damit unverändert bis zu den nächsten Winterspielen. Um dort eine Medaille anzusteuern, werden Hase/Wolodin ihr Budget auch erhöhen müssen, um Trainer oder Kostüme bezahlen zu können.

Fehler im System

Am Beispiel der DEU zeigt sich, wie angreifbar die Potenzialanalyse (PotAS) und ihre Daten sind, auf deren Basis über die finanzielle Förderung entschieden wird. «Das System ist für die Sportart Eiskunstlauf nicht passend», kritisierte Sportdirektorin Pfeifer. Damit könne man keine «valide Aussage über das Athletenpotenzial» eines Verbandes treffen.

Dies gelte besonders für das neue Traumpaar Hase und ihren russischen Partner Wolodin. Die beiden 24-Jährigen sind nach nur einem Jahr gemeinsamen Trainings die aktuelle Nummer eins in der Paarlauf-Welt. «Wir haben gezielt auf die Newcomer gesetzt und auf ihr Potenzial aufmerksam gemacht», sagte Pfeifer.

Es habe von ihnen am Anfang aber nur ein Video und keine Ergebnisse und deshalb für das Duo keinen positiven Förderbescheid gegeben. «Wir haben geliefert und bewiesen, dass unsere Potenzialanalyse zutreffend war», unterstrich die DEU-Sportchefin.

Hoffnung auf Medaillen

Bei der EM wollen die deutschen Meister Hase/Wolodin abseits von PotAS-Bewertungen auf dem Siegertreppchen landen. «Es ist auf jeden Fall realistisch. Wir haben trainiert, um vorn mitzulaufen», sagte Hase.

Den bislang letzten deutschen EM-Titel im Paarlauf gewannen 2011 Aljona Savchenko/Bruno Massot, 2018 wurden sie auch Olympiasieger. Knut Schubert, Trainer von Hase/Wolodin, hält sein Paar, «was die technischen Schwierigkeitsgrade angeht», schon jetzt für besser als ihre berühmten Vorgänger.

Dagegen hatten ihre nationalen Rivalen Hocke (23) und Kunkel (24) Pech. Nach einem starken Saisonstart mit dem Sieg beim ersten Grand-Prix-Wettbewerb in den USA wurde eine Lendenwirbelentzündung bei Kunkel immer schlimmer, so dass sie wochenlang pausieren mussten.

«Dadurch war ich zum Schluss komplett bewegungsunfähig», sagte Kunkel, der aber wieder voll belastbar zur EM gereist ist. Die Erwartungen haben sie «ein bisschen heruntergeschraubt» – einen Medaillengewinn aber nicht abgeschrieben.

Von Andreas Schirmer, dpa