Pokalschreck FC St. Pauli rutscht aus: Union im Halbfinale

Pokalschreck FC St. Pauli rutscht aus: Union im Halbfinale

Christopher Trimmel trommelte die Kollegen zur Ehrenrunde zusammen, die Fans sangen schon wieder vom Europacup: Der 1. FC Union Berlin hat sich von Pokalschreck FC St. Pauli nicht beirren lassen und steht erstmals seit 21 Jahren wieder im Halbfinale des Cup-Wettbewerbs.

Die Eisernen setzten sich im Viertelfinale des DFB-Pokals dank der von zwei Ausrutschern in der Gäste-Abwehr begünstigten Tore von Sheraldo Becker (45. Minute) und Andreas Voglsammer (75.) nach anfänglicher Mühe mit 2:1 (1:1) durch.

Der Kiezclub aus Hamburg war durch einen Freistoßtreffer von Daniel Kofi Kyereh (21.) vor 10.000 Zuschauern im Stadion an der Alten Försterei in Führung gegangen und schien nach dem Coup gegen Titelverteidiger Borussia Dortmund schon auf dem Weg zum nächsten Pokalwunder gegen einen Fußball-Bundesligisten.

«Im Endeffekt ist es ein verdienter Sieg»

«Ich bin sehr glückich, dass wir unter den letzten Vier sind. Auf den Sport gesehen tut es gut, in diesen Zeiten so ein Erlebnis zu haben. Das tut auch den Menschen gut», sagte Berlins Geschäftsführer Oliver Ruhnert dem TV-Sender Sky und Trimmel ergänzte: «Wir waren aggressiv und mutig am Ball. Im Endeffekt ist es ein verdienter Sieg.» Und Matchwinner Voglsammer meinte: «Es ist wichtig, dass ich der Mannschaft mit Toren helfe. Es zählt am Ende das Weiterkommen.»

Enttäuscht war dagegen Leart Paqarada: «Wir werden durch zwei individuelle Fehler knallhart bestraft.» Der Hamburger Zweitligist kann sich nun auf den Aufstiegskampf konzentrieren. Die Unioner blicken mit Spannung auf die Halbfinal-Auslosung am Sonntag durch Bob-Olympiasiegerin Laura Nolte und Bundestrainer Hansi Flick. Die Hoffnung auf ein Finale praktisch vor der eigenen Haustür im Olympiastadion am 21. Mai lebt in Berlin-Köpenick weiter. 2001 hatte sich Union erst im Endspiel gegen Schalke 04 (0:2) geschlagen geben müssen.

Typische Pokal-Atmosphäre herrschte vor den erlaubten 10.000 Fans, wenngleich sich der Krieg in der Ukraine nicht ausblenden lasse, wie St. Paulis Trainer Timo Schultz beim TV-Sender Sky anmerkte. Mit einer Schweigeminute vor dem Anpfiff wurde der Opfer gedacht, dazu trugen alle Spieler Armbinden mit dem Friedenszeichen.

Danach rollte der Ball. Zunächst einmal in Richtung des Hamburger Tores, das dieses Mal der gebürtige Berliner Dennis Smarsch anstelle von Stammkraft Nikola Vasilj hütete. Und auch bei Union kam es zur Torhüter-Rotation. Der Däne Frederik Rönnow vertrat Andreas Luthe. Auf beiden Seiten waren die Wechsel in der ersten Halbzeit aber nicht von Erfolg gekrönt.

Union mit dem Pausenstand gut bedient

Zunächst sah Rönnow beim Führungstor der Gäste schlecht aus, als er sich beim Freistoß von Kyereh in der Torwartecke überraschen ließ. Und auf der Gegenseite rutschte der frühere Hertha-Keeper Smarsch beim Rauslaufen aus und hatte so Mitschuld am Ausgleich kurz vor der Pause. Zwar konnte er den Schuss von Awoniyi noch parieren, Becker setzte aber den Nachschuss ins Tor.

So war Union mit dem Pausenstand gut bedient. Die Berliner hatten als Bundesligist zwar die größeren Spielanteile, vor dem Tor war die Mannschaft von Trainer Urs Fischer nicht zwingend genug. Dazu machte es der ambitionierte Zweitligist sehr geschickt. Trotz der personellen Probleme in der Defensive – der 19 Jahre alte Marcel Beifus gab in der Dreierkette sogar sein Startelf-Debüt – stand St. Pauli recht sicher. Awoniyi sorgte zwar immer wieder für Unruhe, zu echten Torchancen kam Nigerianer aber nicht. Die beste Möglichkeit hatte noch Niko Gießelmann nach einer Flanke von Christopher Trimmel (24.).

Mit Schwung kamen die Berliner aus der Pause, entfachten mehr Druck und sorgten auf Seiten des Zweitligisten für Fehler. Aber klare Chancen sprangen nicht heraus. Ein Torjäger wie der nach Wolfsburg abgewanderte Max Kruse hätte den Gastgebern gut getan. Dafür brachte Fischer den robusten Voglsammer ins Spiel. Ein kluger Schachzug. Erst holte der Ex-Bielefelder fast einen Elfmeter heraus (69.), dann nutzte er den Ausrutscher von Medic eiskalt aus. Dazu traf er in der Nachspielzeit den Pfosten (90.+1).

Von Arne Richter und Stefan Tabeling, dpa