«Privileg»: Spanische EM-Profis gegen Corona geimpft

«Privileg»: Spanische EM-Profis gegen Corona geimpft

Marcos Llorente streckte den erhobenen Daumen in Richtung der Kamera. Der Offensivspieler erhielt den erhofften Piks in den linken Oberarm – Profis der spanischen Fußball-Nationalmannschaft wurden drei Tage vor ihrem ersten EM-Spiel am Montagabend gegen Schweden gegen das Coronavirus geimpft.

«Hatten das Privileg und das Glück»

Die nach zwei positiven Befunden kurzfristig beschlossene Aktion fand am Freitag im Trainingszentrum der La Roja in Las Rozas bei Madrid statt, wie der Verband mitteilte. Anschließend posierten die Spieler für ein gemeinsames Foto mit dem Militärpersonal. Es wurde den Profis freigestellt, welchen Impfstoff sie nehmen. «Wir hatten das Privileg und das Glück, dass die Regierung entschieden hat, dass wir geimpft werden sollen», sagte der frühere Bayern-Profi Thiago.

Ob alle Profis, die bisher noch gar kein Vakzin bekommen hatten oder auch keine Corona-Infektionen hatten, tatsächlich geimpft wurden, wurde nicht mitgeteilt. Vor allem die vor einer Woche gemeldete Ansteckung von Kapitän Sergio Busquets hatte für Aufregung bei den Spaniern gesorgt. Anschließend wurde auch Diego Llorente positiv getestet. Er kehrte am Freitag aber zurück – und die Mitspieler klatschen – mit Abstand – Beifall. Nach Llorentes positivem Befund am Dienstag fielen die vier nachfolgenden Tests allesamt negativ aus. Damit durfte der 27-Jährige wieder zur Mannschaft stoßen.

Heftige Debatte in Spanien

Die Probleme der Selección hatten in Spanien eine heftige Debatte ausgelöst. Einige meinten, es sei ein Unding, dass die Spieler nicht früher schon geimpft worden seien. Sehr viele, darunter auch einflussreiche Medienkommentatoren, beklagten allerdings, es dürfe für Fußball-Millionäre keine Vorzugsbehandlung geben. Liverpool-Profi Thiago räumte ein, den Spielern der Nationalmannschaft sei klar, dass die Impfung «ein sensibles Thema» sei.

Einige Experten sehen unterdessen Impfungen kurz vor der EM als nicht zielführend an. «Es kann zu Impfreaktionen kommen, die die Leistung einschränken», sagte Hans-Georg Predel, der Professor der Deutschen Sporthochschule Köln, der Deutschen Presse-Agentur.

«Eine Impfung auf den letzten Drücker halte ich nicht für sinnvoll, weil das Nutzenverhältnis wirklich nicht günstig ist», sagte er mit Blick auf mögliche Impfungen mit Vakzinen, die zweimal verabreicht werden müssen. Dabei komme hinzu, dass die zweite Dosis während des laufenden paneuropäischen Turniers gespritzt werden müsste. In solchen Fällen gebe es die positiven Effekte erst nach der EM.

Die Turnier-Vorbereitung der Schweden war am Dienstag von zwei positiven Corona-Fällen bei Dejan Kulusevski (Juventus Turin) und Mattias Svanberg (FC Bologna) durcheinandergewirbelt worden.

Nach dem Spiel gegen die Schweden trifft das spanische Team von Trainer Luis Enrique in der Gruppe E am 19. Juni auf Polen und am 23. Juni auf die Slowakei. Alle Begegnungen der Vorrunde bestreitet der Weltmeister von 2010 und Europameister von 2008 und 2012 vor eigenem Publikum im Estadio La Cartuja in Sevilla.

Von Emilio Rappold und Jens Marx, dpa