«Super glücklich»: Hettich-Walz aus dem Nichts zu WM-Silber

«Super glücklich»: Hettich-Walz aus dem Nichts zu WM-Silber

Janina Hettich-Walz schlug die Hände vors Gesicht und konnte ihren spektakulären Silber-Coup selbst kaum fassen. Mit dem besten Rennen ihrer Karriere krönte sich die 27-Jährige im tschechischen Nove Mesto wie aus dem Nichts zur Vizeweltmeisterin und bescherte der deutschen Biathlon-Mannschaft im sechsten WM-Rennen endlich die erste Medaille.

Nie zuvor stand die Sportsoldatin zuvor alleine auf dem Weltcup-Podest, ohne Schießfehler musste sich Hettich-Walz mit 20,5 Sekunden Rückstand nur der neuen italienischen Weltmeisterin Lisa Vittozzi geschlagen geben. Bronze ging an die Französin Julia Simon, die nach einer Strafminute erstmals bei dieser WM nicht triumphierte.

«Ich kann es immer noch nicht wirklich glauben. Ich habe keine Ahnung, wie ich es geschafft habe, den Schalter umzulegen», sagte Hettich-Walz und schüttelte bei den ersten Interviews immer wieder den Kopf. Die Baden-Württembergerin hatte zuvor nur die Plätze 35 und 25 in Sprint und Verfolgung belegt und danach mit sich selbst gehadert. «Das ist noch nicht wirklich angekommen», sagte sie zu ihrer zweiten WM-Medaille.

Vor drei Jahren hatte sie mit der Frauenstaffel schon Silber in Slowenien gewonnen. «Bei der WM zählen doch nur die Medaillen, da bin ich super glücklich, dass ich die heute holen konnte», sagte Hettich-Walz.

«Das ist eine Medaille für das ganze Team»

In den fünf Wettkämpfen zuvor waren Deutschlands Biathletinnen und Biathleten leer ausgegangen und hatten vor allem mit den schlechten Ski gehadert – das war nun anders. «Ich habe mich wirklich gut und kraftvoll gefühlt. Das Material war so viel besser», sagte Hettich-Walz, die zuvor alleine nie unter den Top 15 in einem WM-Wettkampf platziert war, und schickte einen Gruß an die Mannschaft: «Das ist eine Medaille für das ganze Team.»

Kurz schien für sie bei ihrem fehlerlosen Auftritt sogar der Titel greifbar, doch auf der Schlussrunde gingen ihr die Kräfte aus und der Rückstand auf Vittozzi wuchs. Die bislang letzte deutsche Weltmeisterin im Einzel war Laura Dahlmeier 2017. Vor zwei Jahren in Peking hatte Denise Herrmann-Wick Olympia-Gold im ältesten Biathlon-Rennen geholt.

Auch Grotian und Voigt stark

Fast hätte es unter Flutlicht in der stimmungsvollen WM-Arena von Nove Mesto sogar noch mehr Edelmetall gegeben. Das Podest verpassten WM-Debütantin Selina Grotian und die Olympia-Vierte Vanessa Voigt ebenfalls ganz ohne Schießfehler nur knapp, sie belegten die Ränge vier und fünf. Gut eine halbe Minute fehlte dem Duo zu Bronze.

«Das ist ein Wahnsinnstag für die Deutschen. Das kann man gar nicht begreifen», sagte die 19-jährige Grotian, die im ersten WM-Rennen ihrer Laufbahn erstmals null Fehler in einem Einzel schoss: «Für mich war das wie im Film. Ich kann das gar nicht begreifen.»

Preuß verpasst die Top Ten

Medaillenkandidatin Franziska Preuß leistete sich zwei Strafminuten und verpasste als Schwächste des deutschen Quartetts auf Rang 15 überraschend die Top Ten. «Das ist mega cool für Janina, mich freut es mega. Es gibt nichts Schöneres, da kann man nur den Hut ziehen», sagte Preuß, die als große deutsche Medaillenhoffnung zum Saisonhöhepunkt gereist war.

Nach zwei sechsten Plätzen in Sprint und Verfolgung leistete sich Preuß gleich im ersten Schießen eine Strafminute und war sofort unter Druck. Wie stark sie im Einzel ist, zeigte die ehemalige Staffel-Weltmeisterin zu Saisonbeginn schon, als ihr bei ihrem zweiten Platz in Östersund nur 0,1 Sekunden zum Triumph hinter Vittozzi gefehlt hatten.

Preuß hatte zum Ende des Auftaktweltcups in Schweden als erste Deutsche seit Dahlmeier 2017 auch schon das Gelbe Trikot getragen. Eine Coronainfektion verhinderte dann, dass die Bayerin das begehrte Leibchen verteidigen konnte. Doch Preuß kämpfte sich zurück und war rechtzeitig zur WM wieder fit. Das zweite und dritte Schießen absolvierte sie ohne Fehler, ein weiterer Patzer verhinderte aber ein besseres Ergebnis. Hettich-Walz, Grotian und Voigt verfehlten hingegen keine einzige Scheibe.

Von Sandra Degenhardt und Thomas Wolfer, dpa