Wo Tennis-Fans die US Open sehen können

Wo Tennis-Fans die US Open sehen können

Auf Boris Becker müssen die Tennis-Fans nicht verzichten. Trotz des überraschenden Sender-Wechsels wird der dreimalige Wimbledon-Sieger als Experte wieder die Übertragungen der US Open kommentieren.

Allerdings müssen die Zuschauer umschalten und anders als zuletzt für das Tennis-Vergnügen zahlen: Der Internet-Sender Sportdeutschland.TV hat vor ein paar Wochen Eurosport im Rechtepoker ausgestochen und will nun für das Turnier vom 28. August bis 10. September eine Gebühr kassieren.

Deutschland als schwieriger Markt

Der überraschende Deal führt zu einer weiteren Zersplitterung der Live-Berichterstattung, die den Fans den Überblick erschwert. «Die TV-Situation zeigt den fragmentierten Tennis-Markt, den wir haben», sagte Dietloff von Arnim, Präsident des Deutschen Tennis Bunds der Deutschen Presse-Agentur. Deutschland sei «ein schwieriger Markt. Natürlich würden wir uns wünschen, dass Tennis einfacher für den Fan zu sehen und zu finden ist».

Es ist unübersichtlich. Sky zeigt Wimbledon und bei den Herren die Masters-1000er-Serie und die ATP Finals. Eurosport überträgt die Australian Open, die French Open und einige deutsche Turniere. Zudem gibt es Tennis bei ServusTV, demnächst Mitte September etwa den Davis Cup und zuletzt das Turnier in Hamburg, sowie bei DAZN. Absolute Fans können beispielsweise noch den Tennis Channel abonnieren. Jetzt kommt mit Sportdeutschland.TV ein weiterer Anbieter hinzu. 

Coup für Sportdeutschland.TV

Bisher gab es immerhin drei der vier Grand-Slam-Turniere ohne Zusatzkosten bei Eurosport. «Das hat immer für eine kontinuierliche Präsenz gesorgt, die auch etabliert ist», erklärte von Arnim. «Jetzt sind wir gespannt, wie dies bei den US Open aussehen wird. Mit dem bekannten Kommentaren-Doppel Becker/Stach bin ich aber sehr zuversichtlich, dass es ein Erfolg sein wird.» Becker wird wie bei Eurosport an der Seite von Kommentator Matthias Stach Experte sein.

Für Sportdeutschland.TV ist es ein echter Coup. Bisher wurden die US Open «immer europaweit» vergeben, erläutert Björn Beinhauer, Geschäftsführer der DOSB New Media GmbH, der Sportdeutschland.TV gehört. Dieses Mal wurden die Rechte für einzelne Märkte vergeben. «Das gab uns die Möglichkeit, überhaupt einzusteigen.» Die Amerikaner waren überrascht, wie Beinhauer lächelnd berichtete: «Die haben erst mal gesagt, Eurosport kennen wir, Sky kennen wir, aber wer seid denn ihr?»

Kostenlose Konferenz und Turnierticket

Das Geld und das Konzept scheinen gestimmt zu haben. Nun will Sportdeutschland.TV jedes Spiel des Turniers in New York übertragen, für die Hauptrunde bietet der Sender täglich eine kostenlose Konferenz. Wer das volle Programm der US Open sehen will, konnte bis zum 20. August ein Turnierticket für 20 Euro kaufen. Jetzt sind 25 Euro fällig.

Eurosport wurde von der neuen Konkurrenz überrascht. Der Mutterkonzern Warner Bros. Discovery will sich aber «nicht zu einzelnen Rechten» äußern. Für den Spartensender ist das ein Verlust, im Vorjahr gab es bei 131 Sendestunden aus New York 4,0 Millionen verschiedene Zuschauer. Das Herren-Finale sahen im Schnitt 283.000 Menschen bei einem Marktanteil von 2,6 Prozent – was insbesondere wegen der Zeitverschiebung für einen auf Sport spezialisierten Nischensender viel ist.

Goldene Tenniszeiten vorbei

Für große Sender reicht das nicht. Die goldenen Zeiten mit Becker als Spieler sind vorbei. Seinen ersten Wimbledon-Sieg sahen 11 Millionen Deutsche im Fernsehen, beim erneuten Triumph 1986 waren es 14,15 Millionen. Die Sender rissen sich plötzlich um die TV-Rechte. 

In den 1980er- und 90er-Jahren habe sein Sender «Millionen Tennis-Fans vor die Bildschirme gelockt», sagte RTL-Sportchef von Andreas von Thien rückblickend. «Tennis war in diesen Jahren Sportart Nummer zwei nach Fußball.» Doch «spätestens mit dem Rücktritt von Steffi war der Tennis-Boom vorbei». Graf beendete 1999 ihre Ausnahmekarriere.

Rückkehr ins Hauptprogramm?

Der Versuch eines Tennis-Comebacks von ARD und ZDF mit den ersten Erfolgen von Angelique Kerber und der WM-Berichterstattung 2016 war ein Quoten-Flop. Auch das Experiment von Sat.1, Tennis mit dem damaligen Fed Cup wieder bei einem großen Sender zu etablieren, scheiterte. 

Ist eine Rückkehr ins Hauptprogramm denkbar? «Wenn jemand wie Alexander Zverev heutzutage bei einem Grand Slam erfolgreich spielt und weit kommt, dann würden wir schauen, ob das ins Programm und ins Budget passt», sagte der RTL-Sportchef: «Es müsste ein entscheidendes Spiel mit deutscher Beteiligung sein.» Und dann müsste der Rechtehalter – so wie die Telekom bei der Basketball-EM – auch noch eine Sub-Lizenz verkaufen.

Von Michael Rossmann und Florian Lütticke, dpa