Bereit fürs Nationalteam? Bokk sticht aus DEB-Kader heraus

Bereit fürs Nationalteam? Bokk sticht aus DEB-Kader heraus

Neue Chance für eines der einst weltweit größten Eishockey-Talente überhaupt: Beim diesjährigen Deutschland Cup in Krefeld von Donnerstag bis Sonntag dreht sich fast alles um Dominik Bokk.

Der 22 Jahre alte potenzielle Ausnahmestürmer mit NHL-Vertrag, aber ohne einen einzigen NHL-Einsatz bislang, darf sich erstmals seit drei Jahren mal wieder bei Bundestrainer Toni Söderholm beweisen. «Jeder sieht, dass in Dominik sehr viel Potenzial liegt. Ich freue mich auf ihn», sagte Söderholm vor dem ersten deutschen Spiel beim Vier-Nationen-Turnier am Donnerstag (19.45 Uhr/MagentaSport) gegen Dänemark.

Söderholm bescheinigt Bokk einen Wandel

«Er ist vielleicht ein Spieler, der etwas länger gebraucht hat, um zu erkennen, wo seine Grenzen sind», fügte der Bundestrainer diplomatisch hinterher. Denn bei Bokk, für den eine ähnliche Karriere wie bei Weltklasse-Stürmer Leon Draisaitl vorgezeichnet war, lief es seit 2018 nicht wie geplant. Der Schweinfurter spielte mit 17 Jahren in der starken schwedischen Liga und wurde mit 18 Jahren beim NHL-Draft – der jährlichen Zuweisung der weltbesten Talente eines Jahrgangs an die Teams der nordamerikanischen Profiliga – in der ersten Runde von den St. Louis Blues gezogen. Inzwischen steht er bei den Carolina Hurricanes unter Vertrag. Ein NHL-Spiel bestritt er aber bis heute nicht.

«Das lag auch an mir», bekannte Bokk kleinlaut. Auch in der Nationalmannschaft fiel der Hochveranlagte stets durch. Als «Bruder Leichtfuß» galt der Franke. Als einer, der sich nur schwer in ein Team-Korsett integrieren lässt und eher «sein Ding» durchzieht. Als einer, der lieber auf Instagram mit goldenen Uhren und offenen Hemden posiert, als sich für seine Karriere zu quälen. Recht vielsagend befand Söderholm nun auch wieder: «Wir brauchen keine Hokus-Pokus-Tricks, sondern eine geschlossene Mannschaftsleistung, wenn wir Spiele gewinnen wollen.» Bokk bescheinigte er nun aber einen Wandel: «Ich finde, dass er sehr gut gearbeitet hat auf dem gesamten Eis.» Also nicht nur im Angriff. 

Im Gespräch mit dem Fachmagazin «Eishockey News» gab Bokk sich zuletzt auch geläutert. «Seit 2019 war ich nicht mehr bei der Nationalmannschaft, weil meine Leistungen nicht gut genug dafür waren.» Bokk spielte in dieser Zeit weiter in Schweden, in der zweitklassigen nordamerikanischen AHL und seit der vergangenen Saison auf Leihbasis auch in Deutschland. Der in der Branche verwundert zur Kenntnis genommene Wechsel vom Meister Eisbären Berlin zu den Löwen Frankfurt zahlte sich bislang aus. Bokk ist mit zehn Toren und zwölf Vorlagen aus 18 Spielen der beste DEL-Scorer im aktuellen DEB-Kader für den Deutschland Cup und drittbester Scorer der gesamten Deutschen Eishockey Liga.

Der Bundestrainer hat bereits die WM im Blick

Damit zwang Bokk selbst einen seiner größten Kritiker bei MagentaSport zuletzt zu deutlichen Worten. «Komplett blöd sind wir ja auch nicht. Wir können uns nicht erlauben, ihn nicht einzuladen», sagte Söderholm, der stattdessen auf bewährte Leistungsträger wie DEL-Top-Scorer Matthias Plachta von den Adler Mannheim verzichtet.

Söderholm will die Zeit in Krefeld zum Casting für die WM 2023 in Tampere nutzen. Denn zuletzt gab es für Söderholm nach den enttäuschenden Olympischen Winterspielen im Februar in Peking für die WM im Mai einige ärgerliche Absagen. Dafür will er sich nun offenbar besser wappnen. «Wir wollen Schritte nehmen in Richtung WM-Vorbereitung. Danach sind wir hoffentlich besser vorbereitet», sagte Söderholm. Im Kader stehen neben wenig erfahrenen Stammspielern wie Berlins Marco Nowak viele Talente und Rückkehrer.

Und Bokk dürfte in den Partien gegen Dänemark, Österreich (Samstag, 17.30 Uhr) und die Slowakei (Sonntag, 14.30 Uhr) hoch motiviert sein. «Ich habe gar keinen Kontakt zu Carolina», sagte der Angreifer. Sein Vertrag mit den Hurricanes ruht. «Mein Ziel ist es, in der NHL zu spielen. Dafür werde ich alles geben. Aktuell ist das aber sehr weit weg.» Eine weiterhin starke DEL-Saison und die WM 2023 könnten dies ändern. 

Carsten Lappe, dpa